SCHÖNHEIT DER VERGÄNGLICHKEIT #2 – KriegsBlicke

UA 14. Juni 2013, 20 Uhr | raum13 Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste 

AUSGEZEICHNET MIT DEM KURT-HACKENBERG PREIS FÜR POLITISCHES THEATER

NOMINIERT FÜR DEN KÖLNER THEATERPREIS 2013

KriegsBlicke ist Teil der Trilogie SCHÖNHEIT DER VERGÄNGLICHKEIT #3 –1, an der raum13 Kolacek & Leßle in den Jahren 2012 bis 2014 arbeiten. Ein urbanes Kunstprojekt, das die Räume des einstigen Weltkonzerns KHD neu nutzt, seine traditionsreiche Geschichte aufgreift und sie in Analogie zu modernen gesellschaftlichen Umbrüchen und Strukturen setzt. Teil 2 der Trilogie beschäftigt sich mit dem Thema (Welt-)Krieg, das die Moderne prägt wie kaum ein anderes. 

Von: raum13 Kolacek & Leßle, Inszenierung: Anja Kolacek, Bühne / Licht: Marc Leßle, Textfassung / Dramaturgie: raum13 Kolacek & Leßle und Pola Groß, Bühnenmusik: FM Einheit, Kostüm: Moni Wallberg, Von und mit: Nikolaus Benda, Anne Düe und Florian Lenz, Bühnenbildassistenz: Verena Bildhauer

raum13 Stadtkunstprojekt

Die riesige Industriebrache der ehemaligen KHD-Werke gilt dabei sowohl als Zeuge der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert wie zugleich auch als Ausgangspunkt für moderne Formen der Kriegsführung. Die industrielle Revolution brachte nicht nur enorme technische Errungenschaften mit sich, sondern verursachte auch die rasante Entwicklung der Verkehrs- und Kommunikationstechnologien. Durch die Möglichkeit, Massenprodukte und damit auch Waffen und andere Kriegsgüter schnell herstellen und transportieren zu können, wurden die Voraussetzungen für die zwei Weltkriege des 20. Jahrhunderts und ihre vernichtenden Dimensionen geschaffen.

Aber wie kam es dazu? Sind Technologie und Ideologie eine „Synergie“ eingegangen? Oder ist der Zusammenhang von Rationalität und Barbarei, der beide Weltkriege kennzeichnet, nicht eher Folge einer „Dialektik der Aufklärung“, wie sie schon Adorno und Horkheimer beschreiben? Angelehnt an Christa Wolfs Bemerkung „Wann Krieg beginnt, das kann man wissen, aber wann beginnt der Vorkrieg? Falls es da Regeln gäbe, müßte man sie weitersagen.“ (Kassandra)fragt auch dieses Projekt nicht nur nach den Mechanismen und Bedingungen des Krieges, sondern auch nach seinem „Vorkrieg“ und schlägt damit eine Brücke in die Gegenwart.

2013. Wie zu Zeiten der industriellen Revolution verändert sich unser Leben heute rasant. Wir stehen inmitten der digitalen Revolution. Soziale, kulturelle, wirtschaftliche und nicht zuletzt politische Umwälzungen finden im Gigahertz-Rhythmus statt. Genau 100 Jahre nach 1913, dem Vorabend der beginnenden Katastrophe.

KriegsBlicke begibt sich auf eine Spurensuche nach dem „Vorkrieg“ und bewegt sich in einem permanenten Spannungsfeld zwischen Gegenwart und Vergangenheit. War der „Vorkrieg“ 1913 schon spürbar? Wie standen die Menschen 1913 zum Krieg? Wirkt die damalige Annahme des Friedensaktivisten David Starr Jordan, dass es keinen großen Krieg geben werde, da die internationale Finanz- und Wirtschaftswelt zu eng miteinander verflochten sei, gerade deshalb so bedrückend, weil die Situation der heutigen so stark ähnelt? Wie gehen wir heute eigentlich mit ‚Krieg’ um? Wähnt sich die „Generation des Friedens“, die noch nie einen Krieg im eigenen Land erlebt hat, in Sicherheit vor einem Weltkrieg oder vor welchen Herausforderungen stehen wir? Welche Auswirkungen haben Bundeswehr-Einsätze auf mentale und gesellschaftliche Strukturen und wie stehen wir zu internationalen Einsätzen der NATO? Geht Syrien uns etwas an oder ziehen wir uns doch lieber in unsere eigene Friedenswelt zurück? Wohin führt uns der gesellschaftliche Umbruch des 21. Jahrhunderts?

KriegsBlicke verbindet die Außensicht auf den Krieg durch dokumentarisches Text-, Bild- und Tonmaterial mit persönlichen Berichten und Geschichten von Zeitzeugen, die ein inneres Bild des Krieges entwerfen. Die Spannung zwischen Außen- und Innensicht, Vergangenheit und Gegenwart, Industriebrache und digitalen Effekten eröffnet neue Zusammenhänge und Perspektiven. Bindeglied bleibt jedoch immer die virulente Frage nach den Voraussetzungen des „Vorkrieges“ und der Möglichkeit, ihn zu erkennen. Bei unserer künstlerischen Arbeit stehen – ähnlich wie bei einer Diskursanalyse – weniger konkrete Fakten, sondern vielmehr die unterschiedlichen Darstellungen und Wahrnehmungen des Krieges und seiner Vorgeschichte im Fokus.

  • Von: raum13 Kolacek & Leßle
  • Von und mit: Nikolaus Benda, Anne Düe und Florian Lenz
  • Inszenierung: Anja Kolacek
  • Bühne / Licht: Marc Leßle
  • Textfassung / Dramaturgie: raum13 Kolacek & Leßle und Pola Groß
  • Bühnenmusik: FM Einheit
  • Kostüm: Moni Wallberg
  • Bühnenbildassistenz: Verena Bildhauer
  • Presse- u. Öffentlichkeitsarbeit: Anja Kolacek und Pola Groß
  • Pressefotos: raum13 Kolacek & Leßle

Fotos Günter Krämmer: http://www.heidelberg-fotograf.de/deutz_schoenheit2.htm

Dank an: FM Einheit, Volker Eulitz, Dr. Christian Hillen, Tim Isfort, Volker Kamp, Dr. Kollig, Günter Krämmer, Thomas Schäkel, Pina Uhse, Saskia von Klitzing, Dietmar Voss und an das Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsarchiv.

Gefördert durch: Kulturamt der Stadt Köln, RheinEnergie Stiftung Kultur, Landschaftsverband Rheinland

Besetzung

Von: raum13 Kolacek & Leßle // Inszenierung: Anja Kolacek // Bühne / Licht: Marc Leßle // Textfassung / Dramaturgie: raum13 Kolacek & Leßle, Pola Groß // Bühnenmusik: FM Einheit // Kostüm: Moni Wallberg // Von und mit: Nikolaus Benda, Anne Düe, Florian Le

Pressestimmen

Kurt-Hackenberg-Preis 2013 Laudatio für den Preisträger

„KriegsBlicke“
Eine Produktion von raum 13, Anja Kolacek und Marc Lessle

Eine riesige düstere Industriehalle, kahl und verkommen, mit dem Flair des Vergangenen, explosiv rockende Musik, Menschen in wildem Arbeitsrhythmus mit Vorschlaghammer und Kreissäge, in Staub und Funkenregen, schaffen sie, zerstören sie? So beginnt die Produktion „KriegsBlicke“.

In einer Collage aus fesselnden und verstörenden Bildern, Berichten von Zeitzeugen und literarischen Quellen befragt diese Produktion Historie und Gegenwart – wo sind die Momente, in denen Gesellschaft kippt, in denen man sich in Sicherheit einlullt, in denen alles auf Krieg hinausläuft, wann beginnt der Vorkrieg?

Großartig die Kunst der drei Schauspieler, diese Vielfalt der Erinnerung, Phantasie und Träume darzustellen: berserkernde Industriearbeiter, sensible Zeitzeugen, Soldaten, die ihren Job machen, brüllende Demagogen und gehorsamtrunkenes Volk, tänzerisch-zarte Zuneigung über Grenzen hinweg, Absinken in den Wahnsinn. Großartig auch die kongeniale Musik von FM Einheit.

Augenblicke aus den 100 Jahren zwischen 1913 und heute werden fokussiert: Patriotismus, Selbstüberschätzung, Verzweiflung, Schrecken, falsche Hoffnung. Die Szenen bilden einen Spannungsbogen vom Damals zum Heute. Die damals moderne Technik, deren Zeuge die alte Werkshalle ist, gab Hoffnung auf besseres Leben, war zugleich Anstoß zu immer perfekterer Kriegsführung. Die internationale Verflechtung von Wirtschaft und Finanzwelt schien Kriege auszuschließen. Eine falsche Sicherheit, in der wir uns auch heute wähnen? Bedrückend die Zitate aus der damaligen Kunst- und Intellektuellenszene, durchweg kriegsbegeistert. Da bröckelt auch die eigene friedensbewegte Sicherheit – in einem Land, das teilnimmt an Morden und Kämpfen, die als „Krieg gegen Terror“ gerechtfertigt werden, unterstützt von modernster IT- Technik. Sind wir nicht alle gegen Krieg?

Eine Produktion, deren Ästhetik fasziniert und die einen nachdenklich entlässt.

Anna Dünnebier und H.- Georg Lützenkirchen für die Jury des Kurt-Hackenberg-Preises, ausgelobt von der Freien Volksbühne Köln e.V., Köln im November 2013 

„Eine packende Antikriegs-Collage in originaler Zeitzeugen-Umgebung. Kompliment für Engagement und Mut eines kleinen Theaters.“ (…)
„Langer, nachdrücklicher Applaus des vollbesetzten Hauses für eine exzellente schauspielerische Leistung. Das Team hat sich nicht nur physisch, sondern auch mental an seine Leistungsgrenze gespielt.“
(theater pur, Michael Cramer, Juni 2013)

 
„Berührend, wenn das Trio in einer tänzerischen Sequenz an Truffauts Film „Jules und Jim“ 
erinnert, diese deutsch-französische Vorkriegs-Menage-à-troi.  (…)
Es sind einfache, durchaus überzeugende Bilder mit großem Hang zu körperlicher Unmittelbarkeit, verbaler Attacke und Pathos, die die Atmosphäre von 1913 heraufbeschwören sollen.“
(Choices, Hans-Christoph Zimmermann, 25.06.2013)


“Eindrucksvoll gelingt [Benda] die Banalität im Habitus des Soldaten, aber auch der Realismus, mit dem dieser über das Risiko und die Entschlossenheit spricht, seine “Arbeit” so gut zu machen, wie es ihm möglich ist.…das Spiel der drei Akteure ist kraftvoll und stimmlich ausgefeilt.” 
(Kölner Rundschau, Thomas Linden, 18.06.2013)

 
“Eine bessere Kulisse hätte sich für „KriegsBlicke“ wohl kaum finden lassen.” 
(Welt Kompakt, Christin Otto, 18.06.2013

“”Schönheit der Vergänglichkeit #2_KriegsBlicke” im Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste ist ein intensiver, sehr sehenswerter Abend, der Leid und Wirren des Krieges direkt, teilweise überdeutlich aufzeigt. Nominiert für den Kölner Theaterpreis 2013 und den Kurt-Hackenberg-Preis für politisches Theater. Der Erste Weltkrieg ist nicht plötzlich, wie ein Erdbeben, über die Menschheit hereingebrochen. Er hat sich vor 1914 angekündigt und wurde von vielen, etwa Ernst Jünger, zunächst als reinigendes Gewitter verherrlicht, in dem sich die überschüssigen Energien der Zeit entladen konnten. Es kam anders. Der Zweite Teil der Trilogie “Schönheit der Vergänglichkeit” heißt “KriegsBlicke” und untersucht im Theaterraum von raum13 die Vorkriegszeit auf Zeitgeist und Weltbilder, der Bogen spannt sich bis in die Gegenwart hinein.

Die Industrieruine der Fertigungshalle der KHD unterstützt mit ihrer Aura die Erkundung von Industrialisierung und Krieg, Macht und Ohnmacht, Leid und Ängsten. Schon das Anfangsbild nimmt gefangen. Nikolaus Benda, Anne Düe und Florian Lenz zertrümmern mit dem Vorschlaghammer Steine, bearbeiten mit einer Flex funkensprühend Metall. Die fabrikmäßige Produktion der Kriegsmaschinerie wird plastisch vorgeführt, der zerstörerische Aspekt der Industrialisierung, von der auch die gewaltige Halle zeugt, leitet die Aufführung spektakulär ein. Gesprochene Szenen wechseln sich mit performancehaften und choreografierten Passagen ab. Die Geschichte eines Frontsoldaten, der mit letzter Not einem Granatenangriff entflieht, trifft auf die Aussagen eines deutschen Soldaten im Afghanistaneinsatz, der “schließlich dort ist, um zu schießen”. …” (akt. Theaterzeitung // Christoph Ohren // ein intensiver, sehr sehenswerter Abend – 01.09.13) 

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