APPELL IMORDE PROJEKTENTWICKLUNG
Liebe Anja, lieber Marc,
vor einigen Jahren hat das Netzwerk Innenstadt NRW auch mir Eurer Unterstützung ein Symposium durchführen können zum Thema „Experimentierräume“.
Bei diesem Symposium ging es darum, dass jede Stadt Räume, wie ihr sie bespielt und nutzt, braucht, um auch Experimente zulassen zu können.
Das Areal der Klöckner-Humboldt-Deutz AG in Köln-Mülheim ist mit dem Projekt raum 13 genauso ein Experimentierraum.
Experimente haben die Eigenschaft, neue Experimente zu erzeugen. Raum 13 war immer von dem Mechanismus der produktiven Unsicherheit begleitet. Kunst und Kultur – so lautet der immer wieder alte Spruch – brauchen ein Umfeld der Unabhängigkeit, Souveränität und Autonomie. Ist es dann erlaubt, die urbanen Stadtzentren und die neu zu entwickelnden Stadtquartiere mit künstlerischen Interventionen zu konfrontieren? Kann dies auch über die zeitlichen und räumlichen Rahmenbedingungen hinweg und dem Verhältnis von Kunst und Gesellschaft gelingen?
Die Fragen lassen sich nicht so einfach beantworten, aber eines sollten wir festhalten:
Es gibt ein Beziehungsfeld zwischen Kunst und Städtebau
- Aus Sicht der Kunst, weil jeder Künstler und jede Künstlerin Produktions- und Präsentationsorte braucht. Noch wichtiger als die materiellen Zusammenhänge sind die inhaltlichen: Kunst entsteht nicht nur in der Stadt, sondern macht die Stadt auch zum künstlerischen Gegenstand der Auseinandersetzung. Erika Spiegel beschrieb das schon 1972 so: „Sieht man Gesellschaft als Grundbefindlichkeit des Menschen schlechthin, so kann auch Kunst kaum ohne sie und außer ihr ent- und bestehen, und die künstlerische Dimension des Städtebaus gewinnt neues Gewicht“
- Aus der Sicht der Stadt, weil sich Städte nie allein aus ihrer Funktionalität heraus verstehen. Das Besondere einer Stadt wächst aus ihrer kulturellen Überraschungsproduktion bzw. Ihrer Transzendenz. Baulich und funktional äußert sich das in der Architektur, dem Städtebau und in zahlreichen Kultureinrichtungen und Experimentierräumen
Fast alle Analysen zum Zustand und zur Zukunft der (europäischen) Stadt tendieren zu apokalyptischen Negativszenarien. Die technologischen und wirtschaftlichen Veränderungen entwertet den Raum zugunsten der Zeit und führt zum Verlust des Örtlichen und Besonderen – und damit des Städtischen. Der Trend zur wirtschaftliche Rationalisierung und Standardisierung macht die Städte ärmer.
Gerade deshalb brauchen wir Orte und Projekte wie raum 13. Mit euren Vorhaben seid ihr ein im Kern urbanes Projekt und konstituierendes Element von Stadt. Eure Projekte im Areal der Klöckner-Humboldt-Deutz AG sind nur an diesem bestimmten Ort und in dieser spezifischen Situation „sinnstiftend“. Das heißt auch: sie sind immer in spezifischer Weise lokal bzw. regional.
Vito Acconti stellt dazu fest: „Zeit vergeht schnell, der Raum ist langsam. Der Raum ist der Versuch, die Zeit zu orten und zu verstehen.“
Viel Glück für die Fortsetzung Eurer Projekte.
Jens Imorde – IMORDE Projekt- & Kulturberatung GmbH