Samstag, 8. Juni – 19:30 Uhr | Nachhausekommen – »Besondere Begründung der Notlage« – Wohnen und Leben in Köln 1950–1970 – Eine Akte der ehemaligen Klöckner-Humboldt-Deutz AG erzählt – von und mit: Dr. Wolfgang Stöcker/Internationales Staubarchiv und raum13 Kolacek & Leßle

Nachhausekommen stellt Ihnen ein einjähriges Forschungsprojekt aus dem Jahre 2019 im Zentrum Zeitgenössische Stadtentwicklung vor. Im Rahmen des Internationales Staubarchiv hat Dr. Wolfgang Stöcker Ende 2019 damit begonnen, das zwischen Stadtgeschichte und Stadtentwicklung oszillierende Gesamtkunstwerk Deutzer Zentralwerkes der Schönen Künste – Raum13 auf den dort herrschenden Mikrokosmos zu untersuchen.

Dabei fesselte ihn schließlich ein auf den ersten Blick unscheinbarer, alter Ordner, den die Künstler und Projektentwickler vom raum13, Anja Kolacek und Marc Leßle, im Konferenzraum der ehemaligen KHD Hauptverwaltung als Element in eine raumgreifenden Installation eingebaut hatten. Das Stück hatte es buchstäblich in sich! 400 Fragebögen – 400 handschriftliche Einträge ehemaliger KHD ArbeiterInnen zu ihren Lebensverhältnissen – Rubrik: Besondere Begründung der Notlage 1950–1970!

8. Juni – 19:30 Uhr »Besondere Begründung der Notlage«
Eintritt: 12 € / 8 € ermäßigt
Ort: Zentrum Zeitgenössische Stadtentwicklung, Mindenerstr. 4

Um Voranmeldung wird gebeten unter: info@raum13.com


Die Ergebnisse der einjährigen Forschungen stellte Dr. Wolfgang Stoecker bereits in 2021 vor. In der Vergangenheit war besagter Ordner bereits öfters Quelle für Inszenierungen von Raum13. Das Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste ist 2021 mit den Forschungen Stoeckers einmal mehr zum Ausgangspunkt für Stadtkultur geworden. Gemeinsam mit Dr. Ulrich Soénius von der Stiftung Rheinisch Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln ist ein Buch in der Schriftenreihe des RWWA geplant.

Unter dem Titel „Besondere Begründung der Notlage“ präsentierte Wolfgang Stöcker gemeinsam mit Marek Ratajczak seine Arbeit als Ausstellung in der Galerie der Michael Horbach Stiftung im Jahr 2022. An eine Art Wandzeitung erinnernd, hat Stöcker die historischen Texte auszugsweise zusammengetragen, Zitate hervorgehoben, Zeichnungen, Textcollagen, Objekte und Fotografien hinzugefügt.

KÜNSTLER VON „RAUM13“ ENTDECKEN DOKUMENT DER STADTGESCHICHTE | BUCH ZUR NOT DER ARBEITER GEPLANT I Ksta | VON CLEMENS SCHMINKE – 02.03.21
Am Dienstag lag die Akte zur Anschauung auf dem Tisch im Konferenzraum der ehemaligen KHD-Hauptverwaltung. Der Anlass: Vertreter der Künstlerinitiative „Raum 13“, die in dem Gebäudekomplex das „Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste“ betreibt, stellten zusammen mit Künstler und Kunsthistoriker Wolfgang Stöcker und Ulrich Soénius von der Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv (RWWA) ein besonders Buchprojekt vor.

Einzigartige Quelle

Im Rahmen seiner Sammlung und Dokumentation „Internationales Staubarchiv“ hatte Stöcker Ende 2019 damit begonnen, im Zentralwerk die Spuren der Vergangenheit zu untersuchen. Dabei stieß er auf den alten Ordner, den Anja Kolacek und Marc Leßle, Künstler und Projektentwickler von „Raum 13“, im Konferenzraum als Element einer Installation eingebaut hatten. Als Stöcker das Konvolut der Fragebögen, auf denen die Antragsteller ihre „besondere Notlage“ begründen, näher in Augenschein nahm, wurde ihm schnell klar, dass er es mit einer einzigartigen Quelle der jüngeren Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Kölns zu tun hatte.

Daraus soll nun ein Buch mit erklärenden Texten, faksimilierten Seiten und Bildern werden. Soénius ist eingestiegen und will das Buch in der Schriftenreihe des RWWA herausgeben. Die Finanzierung steht noch nicht ganz. Erscheinen soll der Band in diesem Herbst. Bis auf Weiteres bleibt der Ordner, der in einem Kellerraum entdeckt wurde, in der Obhut von „Raum 13“. Auf lange Sicht soll er ins RWWA wandern, wo seit 1992 bereits umfangreiches Aktenmaterial von KHD lagert.

Mit dem Buchprojekt sei das Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste wieder einmal „zum Ausgangspunkt für Stadtkultur“ geworden, unterstreichen Kolacek und Leßle. Die Bedeutung des Orts hervorzuheben ist der Künstlerinitiative umso wichtiger, als dieser in seiner Existenz bedroht ist. Im Januar hatte das Landgericht entschieden, dass „Raum 13“ die Ateliers räumen muss, weil die Kündigungen der Grundbesitzverwaltungsgesellschaft, der das Gebäude gehört, rechtswirksam seien. Trotz des verlorenen Prozesses setzen die Künstler darauf, am angestammten Ort bleiben zu können.

BUCHPROJEKT SCHILDERT WOHNUNGSNOT ANHAND DER ORGINALAKTEN DER KLÄCKNER HUMBOLDT DEUTZ AG MÄUSE LAUFEN ÜBER DAS KIND | KHD AKTEN | Kölnische Rundschau | Von Michael Fuchs – 19.02.21

Alte KHD-Akten sind in „Raum 13“ zu Kunst geworden

leibe kein neues. Nach 1945 war der Mangel an Wohnraum in der zerstörten Stadt so dramatisch, dass sich heutige Generationen kaum ein Bild davon machen können. Bis weit in die 60er-Jahre hinein hausten viele Kölner in Baracken und notdürftig wiederhergestellten Altbauten.

Wie groß die Not war, soll ein neues Buch zeigen, das der Autor Wolfgang Stöcker zurzeit vorbereitet. In der ehemaligen Hauptverwaltung der Klöckner-Humboldt-Deutz AG (KHD), in der seit elf Jahren die Künstlerinitiative „Raum 13“ kreativ tätig ist, hatte er einen Aktenordner mit Wohnungsgesuchen von KHD-Arbeitern entdeckt. Den Ordner hatten die „Raum 13“-Macher Anja Kolacek und Marc Leßle im früheren Konferenz-Raum des KHD-Vorstands in eine Installation eingebaut. Stöcker begann, die rund 400 Akten durchzuarbeiten und stieß auf bewegende Zeitzeugnisse. In der Hoffnung, bei der Zuteilung einer neuen KHD-Werkswohnung berücksichtigt zu werden, schildern Beschäftigte ihre prekären Wohnverhältnisse. Im Januar 1956 schreibt ein Arbeiter: „Eine ausgebaute Waschküche, feucht. Kind öfters erkrankt, fürs Kind keine Bewegung möglich. Ehefrau Wechselschicht, am Tage keine Ruhe für zu schlafen. Mäuse, die übers Kind laufen.“ Ein anderer berichtet, die Küche diene „als Aufenthaltsraum für vier Personen und zugleich als Schlafraum meines Vaters“.

Stöcker hat versucht, die Geschichten hinter den Akten zu erzählen, hat nach den Häusern der Arbeiter gesucht, ihre Angaben sieht er als „Schaufenster in die Vergangenheit“ und „moderne Poesie“. In dem Buch will er seine Texte mit Faksimiles von Originalakten kombinieren. Erscheinen soll es im Herbst in einer Schriftenreihe des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs (RWWA). Auch eine Ausstellung ist geplant.

„Da geht einem als Historiker das Herz auf“, sagt RWWA-Direktor Ulrich Soénius über das Projekt. Die Akte sei Gold wert – weil sich anhand eines einzigen Dokuments so vieles vermitteln lasse. Kolacek und Leßle erklärten, dies sei ein weiteres Projekt von Bedeutung für die Stadt, das aus ihrer Arbeit entstanden sei. „Ohne euch gäbe es die Akte nicht“, bestätigte Soénius. Die beiden hatten den Ordner im Keller gefunden. Wie berichtet, droht den Künstlern die Räumung durch den Eigentümer.

MIT NEUEM PROJEKT GEGEN DAS VERGESSEN DER NACHKRIEGSJAHRE | Von Jürgen Schön | rheinerlei – 11.02.21

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