APPELL KOELNER KULTURRAT 20.12.2019

Als Kölner Kulturrat verfolgen wir seit geraumer Zeit die Entwicklung der rechtsrheinischen Industrieareale, die als Kunst- und Kulturraum von großer Bedeutung sind.

Dem zukünftigen Otto-&-Langen-Quartier als letzte zu großen Teilen in öffentlicher Hand befindliche Fläche im rechtsrheinischen Köln kommt dabei eine besonders gewichtige Rolle zu. Darum möchten wir hiermit dem DEUTZER APELL zum Erhalt und zur zukünftigen Nutzung des ehemaligen Geländes der Klöckner-Humboldt-Deutz AG in Köln-Mülheim des Kunst- und Wissenschaftsrates des Deutzer Zentralwerks der Schönen Künste unsere Unterstützung aussprechen und die dort angeführten Darstellungen und Forderungen mit unserer Perspektive bekräftigen und ergänzen.

Die ca. 6 ha zwischen Deutz und Mülheim auf dem Otto-&-Langen-Quartier sind kulturhistorisch einzigartig: Die erste Gasmotorenfabrik der Welt der Klöckner-Humboldt-Deutz AG (KHD), wo der Verbrennungsmotor die Dampfmaschine ablöste und dieser Motor bis in die heutige Zeit global den Antrieb für Mobilität bestimmt, ist aus ideeller und auch baulicher Sicht ein besonderes Erbe und Zeugnis der letzten mehr als 150 Jahre Moderne. Diesem Erbe müssen wir mit der zukünftigen Entwicklung gerecht werden. Das Köln des 21. Jahrhunderts wird stark von der rechtsrheinischen Stadtentwicklung geprägt, von den Stadtteilen Kalk, Deutz und Mülheim, vom Messestandort und von den Konversionen altindustrieller Großstandorte, vor allem entlang des Rheins. Die ehemalige KHD-Fläche an der Deutz-Mülheimer Straße ist eines der letzten innenstadtnahen Quartiere, für dessen Entwicklung die Stadt Köln und das Land NRW durch städtebauliche und planungsrechtliche Steuerung noch entscheidende Weichen stellen können. 

Hier sehen wir die Kunst als einen wesentlichen Motor für die Entwicklung und als Garant dafür, Vielfalt und Urbanität zu erhalten, Raum zu geben für Bildungsprozesse ganz unterschiedlicher Art, die in einem partizipativen und gemeinwohlorientierten Prozess eine neue Kultur des Zusammenlebens im rechtsrheinischen Köln schaffen. Es sind Entwürfe für ein Quartier zu erarbeiten, das (Frei)Raum lässt für einen Kunststandort, an dem innovative Ideen des städtischen gemeinschaftlichen Wohnens und Lebens für Künstler*innen, junge Kreative und kreativwirtschaftliche Initiativen, u.a. aus den Kölner Hochschulen, umgesetzt werden und in dem in einem behutsamen städtebaulichen Prozess die Themen Wohnen, Arbeiten, Kunst, Soziales und Wirtschaft nachhaltig zusammengeführt werden. 

Eine entscheidende Voraussetzung für eine produktive und kreative Verbindung von Stadtentwicklung und Kultur besteht darin, dass bei der Verwertung des Areals nicht wie andernorts reine Investoren- und Verwertungsinteressen im Vordergrund stehen, sondern dass sich durch Vielfalt und Zusammenwirken von verschiedenen Akteuren ein urbanes Viertel entwickeln kann. Dies ist eben auch die Chance für Köln, Räume für Kultur und Experiment zu sichern, schließlich gehen mehr Ateliers, Proberäume und Kreativwerkstätten und damit ein großes Stück städtischer Lebensqualität verloren. Zudem bietet der imposante Bau mit seiner rund 250 Meter langen Backsteinfassade und den dahinter liegenden Fabrikhallen als Zeugnis deutscher Industriegeschichte weitere interessante Nutzungsmöglichkeiten für die Stadt. Mit der aktuellen Debatte über eine mögliche Verlegung der Internationalen Automobil-Ausstellung von Frankfurt nach Köln erweitert sich die Bedeutung der ersten Produktionsstätte des Otto-Motors um eine weitere Facette.

Für das Otto-Langen-Quartier mit dem Bestand der Produktionshallen inklusive Verwaltungsriegel fordern wir, dass aus der Substanz heraus sukzessive ein Modell-Quartier entwickelt wird, das Kunst und Kultur mit neuen Lebens- und Arbeitsmodellen zusammenführt. Diese Forderung entspricht den Leitsätzen in der Kulturentwicklungsplanung zur Förderung und strukturellen Integration von Kunst und Kultur bei der Stadtentwicklung.

Wir plädieren in der weiteren Entwicklung der rechtsrheinischen Konversionsflächen für eine Mischung von Wohnen und Arbeiten, Kunst und Soziales, Wissenschaft und Natur. Dies lässt sich im Quartier an der Deutz-Mülheimer Straße exemplarisch verwirklichen. Dafür ist Voraussetzung, dass die Stadt Köln den Verwaltungstrakt von einem Investor erwirbt und gegenüber dem Land NRW von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch macht für das Areal hinter dem Verwaltungsgebäude. 

Dr. Hermann Hollmann

Newsletter abonnieren

Dies schließt sich in 0Sekunden