Zwischen großen Plänen und Verfall

Der neuen Nutzung historischer Orte stehen oft zahlreiche Hürden entgegen. Wie geht es mit den Industrie-Arealen und Forts weiter? Vier Beispiele

Kölner Stadtanzeiger, 28.Dezember 2023, von Anna Westkämper

„Warum die Stadt Köln an ihren alten Industrieflächen scheitert“ – so titelte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ Ende August. Der Grund: Die renommierte Montag-Stiftung zog sich aus der Entwicklung der Hallen Kalk auf dem ehemaligen Klöckner-Humboldt-Deutz-Areal zurück. Die Stadt habe sich nicht als verlässlicher Partner erwiesen. Die Politik sprach von „Führungsversagen“, die Verwaltung gelobte Besserung. Was hat sich seitdem getan? Und wie wichtig sind die historischen Orte für die Stadtentwicklung Kölns?

„Köln kann mit seinen Industriearealen punkten“, sagt Ulrich Soénius, Direktor des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs. „Die Stadt muss erkennen, welchen Wert diese Orte für sie haben, und die Areale, die ihr gehören, instand halten. Sonst wird eine Sanierung am Ende umso teurer.“ Dabei sei die Pflege der Industrieareale für Köln ungemein wichtig. „Im Gegensatz zu Berlin oder Leipzig hat Köln nicht mehr viele dieser alten Industrieareale. Es ist schon einiges abgerissen worden, wie die zwei großen Hallen der Chemischen Fabrik Kalk oder Teile der Baumwollbleicherei in Holweide. Das Industrieflair des 19. Jahrhunderts gibt es nur noch an sehr wenigen Stellen.“

Neben den Hallen Kalk zum Beispiel auf dem Otto-und-Langen-Quartier im Mülheimer Süden, auf dem der erste Viertaktmotor der Welt entwickelt wurde. Dabei gebe es positive Beispiele, auch in Köln. Dazu zähle das ehemalige Felten & Guilleaume-Gelände in Mülheim, das Carlswerk. „An der Schanzenstraße sind mit dem E-Werk, dem Palladium und dem Schauspiel tolle Orte entstanden“, für die sich private Investoren wie Palladium-Betreiber Bernd Odenthal und der Immobilienentwickler Beos eingesetzt hätten, so Soénius. „Die Stadt kann die Entwicklung der Areale nicht alleine stemmen und bezahlen und soll das auch nicht.“ Bei den Festungsanlagen solle hingegen die Stadt Eigentümerin bleiben. „Die militärischen Bauten können positiv umgenutzt werden. Bürgerschaftliches Engagement in diesen Räumen zu stärken sowie Friedenspolitik und -geschichte hier greifbar zu machen, bietet sich an.“ Ob in Köln weitere Positiv-Beispiele für die Nutzung historischer Areale folgen werden, hängt davon ab, wie konstruktiv die Stadt mit allen Akteuren zusammenarbeitet. Fortschritte gibt es seit September unter Lothar Becker, dem Leiter des Rechtsamtes, der nun zusätzlich auch die bis dato vakante Position der Liegenschaftsamtsleitung ausfüllt. Von den Initiativen ist viel Positives über Beckers Kommunikation und Aufgeschlossenheit zu hören. Ob er den Posten allerdings über die ursprünglich geplanten drei Monate – also über den Jahreswechsel hinaus – weiter ausfüllt, ist noch offen. Laut Stadt befindet sich die Personalangelegenheit „aktuell in der internen Abstimmung“.

Otto-Langen-Quartier

Am Areal der Deutz AG im Mülheimer Süden gibt es aktuell zwei Entwicklungsstränge. Zum einen soll die Künstlerinitiative Raum 13 im kommenden Jahr wieder in die ehemalige KHD-Hauptverwaltung auf dem Gelände einziehen, beide Parteien verständigten sich auf Rahmenbedingungen für einen Mietvertrag. Raum 13 hatte bis 2021 auf dem Otto-und-Langen-Quartier das „Zentralwerk der schönen Künste“ betrieben, bis sie vom damaligen Eigentümer vom Grundstück geworfen wurden. Nun sollen sie Teile der KHD-Verwaltung für eine Nutzung wieder bespielen dürfen. Die Stadt hat die Hauptverwaltung 2021 für 21 Millionen Euro gekauft. Zum anderen treibt die Stadt das Investorenverfahren für den Teil des Areals voran, der dem Land NRW gehört. Ein privater Investor soll dort ein Quartier entwickeln, in dem es eine Mischung aus Kultur, Gewerbe und Wohnen geben soll.

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