SCHÖNHEIT DER VERGÄNGLICHKEIT – DAS WERK

Uraufführung: Donnerstag, 30. April 2015, 19:30 Uhr | raum13 Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste 

Anja Kolacek und Marc Leßle vervollständigen mit der dritten thematischen Setzung “In 80 Tagen um die Welt” ihre Trilogie Schönheit der Vergänglichkeit #3-1.

Von: raum13 Kolacek & Leßle // Inszenierung: Anja Kolacek und Marc Leßle In Zusammenarbeit mit: Jonas Anders, Verena Bildhauer, Kathrin Blume Wankelmuth, Volker Eulitz, Katja Gehrke, Karl Hilmes, Nicol Hungsberg, Martina Kock, Ellen Müller, Josefine Patzelt, Inna Poltorychin, Oliver Schell, Andreas Schmid, Anna Tenta, Ilaa Tietz, Elsa Weiland

NOMINIERT FÜR DEN KURT-HACKENBERG PREIS FÜR POLITISCHES THEATER 2015

Das Publikum wird in der ersten Gasmotorenfabrik der Welt auf eine Reise durch die Zeit geschickt, die jedoch nicht chronologisch erfolgt: Vielmehr werden historische Bezüge fragmentarisch miteinander verknüpft und damit auch immer wieder mit gegenwärtigen Verhältnissen verglichen. raum13 Kolacek & Leßle arbeiten unabhängig von kategorischen Grenzen, so darf auch bei Schönheit der Vergänglichkeit #3-1_Das Werk eine Verbindung von Installationen, Schauspiel, Performance, Tanz und Musik erwartet werden. 

Im Rahmen des in 2012 begonnenem Projekts untersuchen Anja Kolacek und Marc Leßle die Spuren der Geschichte in der ehemaligen Hauptverwaltung der Klöckner Humboldt Deutz AG, dem heutigen raum13 Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste. Das Gebäude steht dabei exemplarisch für 150 Jahre, in denen sich die Gesellschaft durch historische, soziale und politische Ereignisse stetig wandelt. Wertvolle Indizien liefern dabei die Zeugen der Zeit: Biografien der Gründerväter, Interviews mit ehemaligen Mitarbeitern des Weltkonzerns, hinterlassene Einrichtungs- und Produktionsgegenstände, Berge von Aktenordnern und nicht zuletzt die Architektur. Unser Lebensstandard hat sich über die Jahrzehnte außergewöhnlich verändert, doch wie wirkt sich das auf die Gesellschaft aus? Hat sie sich nach 150 Jahren vielleicht nur im Kreis gedreht, um sich heute wieder mit ähnlichen Problemen und Phänomenen auseinanderzusetzen?

Nach den Auszügen Wohlstand für alle im Jahr 2012 und KriegsBlicke, welcher den Kurt Hackenberg-Preis für politisches Theater 2013 gewann, wird 2015 in der Trilogie eine neue Etappe eingeläutet. Unter dem thematischen Schwerpunkt In 80 Tagen um die Welt nimmt raum13 Kolacek & Leßle nicht nur die Anfänge des Konzerns, Mitte des 19. Jahrhunderts, in den Blick, sondern betrachten vor diesem Hintergrund die gleichzeitigen Entwicklungen, wie die Industrialisierung, die Demokratisierung, die Mobilisierung, den immer währenden Fortschrittsgedanken und den Werdegang der Technologie.

Geradezu explosionsartig erreichte die Menschheit eine Erfindung nach der anderen: Motoren, Automobile und Flugzeuge, Strom und künstliches Licht, Überseekabel und Telefone, etc. Jules Verne gilt als Pionier des Science Fiction- Genres. In seinen wissenschaftlichen Romanen beschrieb er bereits viele dieser Maschinen vor ihrer Erfindung. Der von ihm aufgezeigte Forschungsdrang, das Streben nach Fortschritt unter dem Motto „Höher, schneller, weiter“, die expandierende Mobilität und die zunehmende Vernetzung der Menschheit manifestieren sich auch im raum13 Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste. Die Themen stehen einerseits in Verbindung mit dem Entwicklergeist des Firmengründers und Erfinders des Viertaktmotors Nikolaus Otto, andererseits haben sie gegenwärtig, im Zeitalter der Digitalisierung und des Internets, keinerlei Aktualität eingebüßt.

Die Premiere ist aber erst der Startschuss: Über 80 Tage wird dann öffentlich weiter gebaut und entwickelt. Keine Vorstellung gleicht somit der anderen. Zudem werden die einzelnen Rahmenveranstaltungen unter ständig wechselnden thematischen Schwerpunkten bearbeitet.

Dank an: Jan Breitenstein, Friedhelm Bussiweke, Marita Cramer, Michael Cramer, Winfried Gellner, Katja Just, Johannes Just, Werner Kolacek, Wolfram Kollig, Uschi Leßle, Rolf Scheyer, Martin Schmidt, Pina Uhse Zeitzeugen: Dieter Becher, Hans-Gerd Ervens, Adolf Hellmich, Erich Höhner, Kurt Hoef-Emden, heinz Hoef-Emden, Helmut Müller, Hubert Mühlenbach, Dietmar Voß, Walter Vormstein

Presse: Odyssee durch die Katakomben Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste: “In 80 Tagen um die Welt”

VON KATHARINA HAMACHER // KÖLNISCHE RUNDSCHAU

Mit starrem Blick wandeln die Darstellerinnen in altmodischen Herrenklamotten auf ihre Zuschauer zu, langsam, schlafwandlerisch, wie in Trance. Über der kleinen Bühne im Hof des Deutzer Zentralwerks der Schönen Künste prangt in großen Lettern “Die Kunst der Revolution”, darüber bricht die Abendsonne durch den wolkenverhangenen Himmel und taucht das morbide Fabrikgelände in goldenes Licht. Schon die Einstiegsszene des Stücks “In 80 Tagen um die Welt” ist ein starkes Bild.

Es folgen etliche weitere im mehr als dreieinhalbstündigen Parforceritt durch den ehemaligen Hauptsitz der Deutz AG, mit dem AnjaKolacek und Marc Leßle alias “raum13” ihre Trilogie “Schönheit der Vergänglichkeit #3-#1 – Das Werk” vervollständigen.

Über die gesamte Spielzeit wird das Stück weiterentwickelt, keine Vorstellung soll der anderen gleichen. Die Grenzen zwischen den einzelnen Sparten wie Theater, Tanz, Performance, Musik und Medien aufzubrechen und ihr Publikum in die Inszenierung mit einzubeziehen, ist das Steckenpferd des Künstlerpaares. Dieser Anspruch funktioniert ebenso gut wie das perfekte Zusammenspiel des Bühnenbildners und Lichtgestalters und der Regisseurin und Choreografin. Gemeinsam leiten sie die in einzelne Reisegruppen aufgeteilten Zuschauer durch etliche Winkel des rund 5000 Quadratmeter großen Geländes, in eine der alten Fabrikhallen etwa, wo zerfledderte, aufgequollene Ordner von der Decke baumeln und ein Wasserfall in die Tiefe strömt. In den Katakomben der weltweit ersten Gasmotorenfabrik räkelt sich eine Tänzerin lasziv im ehemaligen Duschraum dessen Kacheln in grellbuntes Licht getaucht sind. Einzeln schreiten die Reisenden durch dunkle Flure, von denen aus geöffnete Türen surreal-träumerische Einblicke in die ehemaligen Büros gewähren. Lebendige Diskussionen zwischen den erfrischend aparten Profi- und Laiendarstellerinnen über das Für und Wider der technischen Revolution machen das unbändige Staunen fast greifbar: Durch die Motorisierung eröffnete sich für die Menschen erstmals die Möglichkeit, die Welt zu entdecken, angelehnt an Jules Vernes Roman sogar in nur 80 Tagen. Spannend geraten da bei die verschiedenen Perspektiven, die “raum13” aufzeigt. – Dass die Künstler stets auf Bewertungen verzichten und lediglich bei der Einordnung helfen, lässt genügend Raum für eigene Gedanken. Streckenweise geht die anspruchsvolle Inszenierung bis an die Schmerzgrenze, während uns die Kühle der alten Gemäuer erfrischt.

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