Stadt Revue November – 26.10.2017
Theater lebt vom Experiment Undenkbares zu denken, nicht Machbares zu machen und Unsichtbares sichtbar zu machen.
Theater ist zeit meines Lebens ein großer Bestandteil. Meine Eltern arbeiteten beide in einem großen Dreispartenhaus mit Ballett, Oper und Schauspiel. Ich wuchs somit in den Arbeitsstrukturen eines Theaterbetriebes auf und verbrachte auch viel Zeit an diesem Ort, um nach der Schule betreut zu sein und weil ich Theater neben Fußball einfach spannend fand. Einerseits ein großer Abenteuerspielplatz, andererseits eine außerordentlich übergreifende und allgemeinbildender Lernraum, wie man ihn sich als junger Mensch, nur wünschen kann.
Dies ist wohl auch der Grund, warum ich weiterhin Theater mache. Die Liebe zu dieser Kunst, bei der man in dauernder, direkter Auseinandersetzung ist: Mit Menschen, gesellschaftlichen Themen und Strukturen. Diese immerwährende Neugierbefriedigung und Schule einerseits und andererseits als Künstler auf ein Publikum zu treffen, das zumindest interessiert ist und teilnimmt, besser noch berührt wird und animiert den Dialog aufnimmt, um eine nächste Ebene, oder „soziale Plastik“, außerhalb des inszenierten Spektakels herzustellen.
Um beim Publikum zu bleiben: Wir haben in Köln ein sehr offenes, neugieriges und politisch streitbares Publikum, das über die Generationen hinweg die antiquierten Grenzen der U- und E – Künste, bzw. die Trennlinien zwischen den Künsten in hohem Maße in ihren Köpfen beseitigt hat. Das ist auch ein Grund für mich, in dieser Stadt weiterhin Kunst zu machen mit meiner Philosophie der Sichtbarmachung der Zwischenräume, deren gestalterische Kraft im Aufbrechen von Grenzen liegt zwischen den Künsten und vor allem in den Strukturen, in denDenkweisen und Verordnungen.
Die Kunst – und im speziellen die Theaterkunst – hat nicht nur den Auftrag ein Spiegel unserer Gesellschaft zu sein, sie muss sich auch politisch einmischen und Beispiel sein für übergreifendes Denken und kreatives Handeln. „Die Kunst der Revolution“ ist aus meiner Sicht, nicht nur brisante Notwendigkeit, sondern etwas Grundsätzliches für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung. Ich hoffe, ich kann mit meiner Art Theater zu produzieren, zur streitbaren Diskussion anregen
Marc Leßle
Mitbegründer von raum13
Aktuelles Stadtkunstprojekt „raum13 Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste“