LAB 1869 ZUKUNFTSWERK STADT #2 – Performativer Stadtparcours

raum13 Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste

Performative Rundgänge durch die Historie zur Erhaltung der Zukunft. 

Wie kann man die Vergangenheit als ehemalige Zukunft fassen um Aussagen über Wahrscheinlichkeiten, Möglichkeiten und Gestaltung aktueller Zukunft zu filtern? Warum sind die meisten von Menschen erhofften und erdachten Zukünfte nicht eingetreten?

  • So, 05.05./ 12:00 
  • Performativer Stadtparcours: Ästhetik als Kulturtechnik des Retro Futurismus mit Prof. Dr. Breidenich Treffpunkt: Brunnen vor der Oper auf dem Offenbachplatz Dauer: 2 Stunden Karten: 12 €/ 8€ ermäßigt – Reservierung empfohlen –  ticket@raum13.com So, 12.05./ 12:00   
  • Performativer Stadtparcours: Eine Stadt für Malocher, Bürger und kaiserliche Gäste – Eine kleine Zeitreise durch Mülheim mit Helmut Frangenberg, Autor des Stadt-Wanderbuchs „Zo Foß durch Kölle jonn“, Journalist und Redakteur beim „Kölner Stadt-Anzeiger“ Treffpunkt: Carlsgarten vor dem Depot des Schauspiel Köln, Schanzenstraße 6-20 – Dauer: etwa 2 Stunden
  • Karten: 12 €/ 8€ ermäßigt – Reservierung empfohlen –  ticket@raum13.com
  • So, 19.05./ 12:00                       
  • Performativer Stadtparcours: Von Ursprüngen und Höhepunkten der klassischen Moderne in Köln – Siedlungsroute mit Prof. Dr. Buschmann, Weiße Stadt  – Blauer Hof – Stegerwaldsiedlung – Van der Zypen & Chalier – Gasmotorenfabrik – Treffpunkt: Heidelberger Str. / U-Bahnhof Frankfurterstr. Dauer: etwa 2 Stunden
  • Karten: 12 €/ 8€ ermäßigt – Reservierung empfohlen –  ticket@raum13.com

raum13 Zukunftswerkstatt

  • So, 05.05./ 12:00 
  • Performativer Stadt-Parcours der Wissenswürdigkeiten – Kulturtechniken der Ästhetik als Retro-Futurismus von und mit Prof. Dr. Christof Breidenich

An markanten Stellen der Kölner Innenstadt wird das Konzept der Rekonstruktion von Geschichte zur Vergegenwärtigung der Vergangenheit als offensichtliche Kulturtechnik dargestellt. Beispielsweise die Ausstellung von Ruinen (Alt St. Alban), die Unmittelbarkeit von Machtkalkülen (Nord-Süd-Fahrt, Hohenzollernbrücke), der Erfolgsfaktor Kontrafakt (Hl. Ursula), die chronologische Ge-Schichtung (Baptisterium) oder die Selbstverständnismechaniken kollektiver Eliten (Museum für Angewandte Kunst) zeigen und zeugen von einer Vergangenheit – die wenn als ehemalige Zukunft gelesen – Aussagen über die Gestaltung aktueller Zukunft ermöglicht. Warum sind die meisten von Menschen erhofften und erdachten Zukünfte nicht eingetreten?

Eine bewusste und geübte ästhetische Praxis Lebenswirklichkeiten, wie z.B. die Stadt mit ihren gewachsenen Strukturen als Kultur-, Konsum-, Sozial-, Arbeits-, Verkehrs- oder Spiritualraum zu interpretieren führt zu verblüffenden Erkenntnissen: Werden Nachkriegsbausünden, Kaufhäuser, Kirchen, Denkmäler oder Straßen als Design im Sinne einer bewussten Gestaltungsabsicht gelesen, dann eröffnen sich neue Blicke jenseits etablierter kunsthistorischer Formate. Denn dann tritt die Notwendigkeit zutage Vergangenes und Gegenwärtiges in einen Zusammenhang daraus resultierenden wahrscheinlichen Zukunft zu bringen.

  • So, 19.05./ 12:00 
  • Performativer Stadt-Parcours: Von Ursprüngen und Höhepunkten der klassischen Moderne in Köln – Siedlungsroute von und mit Prof. Dr. Walter Buschmann 

Mit der ‚Weißen Stadt‘ in Buchforst realisierten Wilhelm Riphahn und Caspar Maria Grod 1929-32 das architekturhistorisch wichtigste Projekt der klassischen Moderne in Köln. Es war gleichzeitig Höhepunkt und Abschluss einer  jahrzehntelangen Entwicklung in Köln, die 1913 mit der ersten Siedlung der damals gegründeten  ‚Gemeinnützigen AG für Wohnungsbau‘ GAG ihren Anfang nahm. Buchforst insgesamt hat mit verschiedenen Siedlungsteilen fast die Ausmaße einer Großsiedlung. Der dort ebenfalls entstandene ‚Blaue Hof‘ von Riphahn und Grod 1926-27 war eine Etappe auf dem genannten Weg zur kompromisslosen Darstellung der Werte des Neuen Bauens. Er orientiert sich noch an den Vorbildern des kommunalen Wohnungsbaus in Wien (u. a. Karl-Marx-Hof) hat aber auch in Köln mit dem ‚Grünen Hof‘ in Weidenpesch und der ‚Siedlung Zollstock‘ beeindruckende Vorläufer. Das vielleicht berühmteste Beispiel einer Wohnanlage mit Hofbildung in Deutschland ist die Hufeisensiedlung von Bruno Taut in Berlin, die dort inzwischen zum UNESCO-Welterbe gehört. 

Einen Abstecher in Buchforst wert ist die genossenschaftliche Wohnanlage Kalk-Mülheimer-Straße 339-359, 1929-30 durch die Mülheimer Bau- und Spargenossenschaft errichtet. Wie viele Siedlungen, nicht nur in Köln, führt auch Buchforst ein vergleichsweise eigenständiges und abgeschiedenes Dasein. Im Osten ist sie durch die Frankfurter Straße, im Westen durch die auf einem Damm geführte Trasse der Eisenbahn Köln-Düsseldorf  von der Umgebung getrennt. Die Brücken dieser Eisenbahntrassen gehören jedoch links- und rechtsrheinisch zu den interessanten Stadterlebnissen und vermitteln große Kapitel rheinischer Eisenbahngeschichte. Die Brücken über die Heidelberger Straße ermöglichten zugleich den Weg in das große Industriegebiet, dass sich seit etwa 1845 zwischen dieser Eisenbahn und dem Rhein entwickelte und zu dem auch die Gasmotorenfabrik Deutz gehörte.

Zunächst aber passiert man auf dem Weg dorthin die 1951-56 erbaute Stegerwaldsiedlung. Sie wurde erbaut auf den Gelände der Stahl- und Räderfabrik der Waggonfabrik Van der Zypen & Charlier für die Deutsche Wohnungsgesellschaft mbH (DEWOG). Auch diese Siedlung ist abgeschlossen gegenüber dem umgebenden Stadtraum, und wurde von Bewohnern und Besuchern treffend als ‚Die Krim‘ bezeichnet. Der in den 1920er Jahren aufkommende Zeilenbau wurde hier kombiniert mit achtgeschossigen Punkthochhäusern – städtebauliche Dominanten als Ausdrucksmittel der Nachkriegszeit. Ein kleines Stadttteilzentrum dient zur Versorgung der Bewohner.

Der Wohnungsbau in Buchforst und in der Stegerwaldsiedlung war insbesondere ausgerichtet auf den Bedarf der Beschäftigten in den Unternehmen an der Deutz-Mülheimer-Straße. Direkt gegenüber der Stegerwaldsiedlung stellte seit 1845 Van der Zypen & Charlier Eisenbahnwaggons her und machten sich einen Namen mit Erprobung und Bau jener Schwebebahn, die dann 1902 in Wuppertal in Betrieb genommen wurde. Noch weitaus größer war der Anteil an industrie- und menschheitsgeschichtlich bedeutsamen Erfindungen auf dem benachbarten Gelände der Gasmotorenfabrik Deutz. Hier entwickelte Nikolaus August Otto 1876 den Viertaktmotor. Dieser Motor veränderte die Welt, wurde zum Ersatz für Dampfmaschinen in der Industrie, diente in den gewaltigen Gaskraftzentralen der Montanindustrie zur Stromerzeugung und war die Grundlage der Massenmotorisierung.

Die Industrie jener Zeit verkörpert jenes Zweckmäßigkeitsdenken, das mit Vertrauen auf Geometrie, Mathematik, Funktionsfähigkeit und Effektivität, das letztlich in den Bauten der Klassischen Moderne und in Köln besonders in der ‚Weißen Stadt‘ formvollendeten Ausdruck erhielt.

Walter Buschmann

Köln, 19. 4. 2019

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