von Helmut Frangenberg KSTA 23./24. November – 23.11.19
Der private Investor Gottfried Eggerbauer will die riesige ehemalige Hauptverwaltung von Klöckner-Humboldt Deutz verkaufen. Es ist Kölns größtes In dustriedenkmal. Je nach dem wie man rechnet, ist das Gebäude an der Deutz-Mülheimer Straße sogar größer als der Dom; in jedem Fall ist es das längste. Ursprünglich hatte Eggerbauer vor, das Areal selbst zu entwickeln und damit solangezu warten, bis klar ist, was aus den hinter dem Verwaltungsgebäude liegenden Hallen wird. Nun hat er seine Pläne offensichtlich geändert. Eine Immobilienagentur sucht nach Interessenten. Der Künst- lerinitiative „Raum 13“, die aus dem Haus das „Zentralwerk der Schönen Künste“ gemacht hat, wurde zum April 2020 gekündigt. Eggerbauer wollte sich trotz mehrfacher Nachfrage am Freitag nicht äußern.
Der imposante Bau ist Zeugnis deutscher Industriegeschichte
Der imposante Bau mit seiner rund 250 Meter langen Backsteinfassade und den dahinter liegenden Fabrikhallen ist nicht nur ein Stück Stadthistorie. Er ist auch ein Zeugnis deutscher Industriegeschichte. Denn hier begann mit der Produktion des Otto-Motors eine technologische Revolution, die die Welt veränderte. Das von der Stadt injüngster Vergangenheit eher stiefmütterlich behandelte Erbe hat mit der aktuellen Debatte über eine mögliche Verlegung der In ternationalen Automobil-Ausstellung von Frankfurt nach Köln eine neue Bedeutung bekommen. Die Befürworter der IAA- Ansiedlung werben mit Kölns Geschichte als Autobauerstadt.
Eggerbauer soll einen hohen zweistelligen Millionenbetrag erzielen wollen, sagen Kenner der Branche. Da völlig unklar ist, was vor Ort möglich ist, sei die Preisvorstellung sehr hoch. Tatsächlich ist die Ausgangslage für einen möglichen Investor kompliziert. Zum einen hängen an dem langen Querbau mehrere Fabrikhallen, deren Zukunft ungewiss ist. Zum anderen ist es den Künstlern im Gebäude und vielen Unterstützern in den ver- gangenen Jahren gelungen, ein breites Bewusstsein für einen möglichst weitgehenden Erhalt des Komplexes zu schaffen, der weit über die denkmalgeschützten Gebäude hinausgeht.
Die städtische Tochtergesellschaft Moderne Stadt verhandelt seit Monaten mit dem Land über den Kauf des Areals hinter dem Verwaltungstrakt, auf dem unter anderem die Möhring- Halle, ein denkmalgeschütztes aber verfallenes Stahlfachwerk- Gebäude, steht. Mit dem Verkaufsangebot Eggerbauers kommt nun zusätzlich Bewegung in die Angelegenheit. Die Flächen im Besitz des Landes und das davorliegende Verwaltungs-gebäude gemeinsam zu erwerben und dann als zusammenhängenden Komplex zu ent- wickeln, ist naheliegend.
„Wir prüfen, wie die Stadt sich einbringen kann“, sagte Stadtentwicklungsdezernent Markus Greitemann am Freitag. Dass das große Haus von einem Privatinvestor zum nächsten wandern kann, ist eher unwahrscheinlich.
„Das werden wir nicht einfach laufen lassen“, so Greitemann.
Die Fehler der Stadt sollen sich nicht wiederholen
Was mit einem geschichtsträchtigen Areal passieren kann, wenn man es fast vollständig dem Markt überlässt, kann man in der Umgebung beobachten. Mehrere Investoren sind daran beteiligt, ein neues Quartier mit Tausenden Wohnungen entste- hen zu lassen. Ihr Umgang mit dem Erbe ist höchst unterschiedlich. So hat sich die Gerch- Group auf der anderen Seite der Deutz-Mülheimer Straße für einen weitgehenden Kahlschlag entschieden. Weil die Grundstücke zu hohen Preisen verkauft wurden, werden die Investoren nun hochpreisige Wohnungen und andere Immobilien entwickeln. Es gilt zwar die Auflage, dass 30 Prozent der Wohnungen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus errichtet werden müssen. Doch das wird wohl zur Folge haben, dass die anderen umso teurer werden dürften.
Bei der Diskussion um die Zukunft des KHD-Verwaltungsgebäudes und des restlichen Areals geht es jedoch um mehr als den Erhalt historischer Bausubstanz und erschwinglichen Wohnungsbau. In einem so genannten „Deutzer Appell“ fordern die Mitglieder eines vor Monaten gegründeten Beirats des Kunst- projekts „Raum 13“ eine „sanfte und partizipative Entwicklung“ des Areals, bei der „eine „Gemeinwohlrendite“ im Zentrum steht. Die Themen Wohnen, Arbeiten, Kunst, Kultur, Mobilität und Ökologie sollen hier zusammengeführt werden. Das soll in den alten Gebäuden genau wie in „erstklassigen Neubauten“ geschehen. Zu den Unterzeichnern gehören Architekt Paul Böhm, IHK-Geschäftsführer Ulrich Soénius und der Präsident des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt, Energie, Uwe Schneidewind. Sie fordern, dass die Stadt ihr Vorkaufsrecht nutzt.
Ob sie das Recht in diesem Fall hat, wird nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ in der Stadtverwaltung bereits erörtert. Sollte die Rechtslage das nicht hergeben, sollen andere Zugriffsmöglichkeiten oder direkte Verhandlungen mit dem Investor geprüft werden. Im Rathaus herrscht mittlerweile Konsens in der Beurteilung der Entwicklungen in der Mülheimer Nachbarschaft. Die Fehler und Versäumnisse der Stadt in der Vergangenheit sollen sich nicht wiederholen.