Von THOMAS LINDEN // Kölner Rundschau // Kultur // Samstag 23. Juni 2012
Deutsche Industriegeschichte wurde in Köln auf dem Terrain zwischen Deutz und Mülheim geschrieben. Der Otto-Motor-Kernstück des Automobils – erblickte hier das Licht der Welt und bis vor einigen Jahren baute man nebenan die Wuppertaler Schwebebahn. Nun befindet sich hier seit einem Jahr „raum13 Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste“. Ein pompöser Name für eine vorläufige Nutzung in einem verlassenen Bürotrakt mit unzähligen Räumen. Aber Anja Kolacek und Marc Leßle verfügen über genau jenen Schuss Ironie, der für clevere Kulturnomaden unerlässlich ist.
Ausstellungen, Tanz und Theater wurden mit Künstlern aus NRW, aber auch aus Leipzig und Hamburg realisiert. „Eine Welle von Anfragen ist über uns hereingebrochen. Erst allmählich konnten wir eine Struktur entwickeln, um der Nachfrage Herr zu werden“, erklärt Anja Kolacek lachend.
„Das Zentralwerk ist ja auch nicht als Spielort, sondern als Kunstprojekt angelegt, das sich mit gesellschaftlichem Wandel beschäftigt. Zum Beispiel mit der Frage nach dem Wert der Arbeit oder der Vergänglichkeit des Geschaffenen in unserer sich virtuell immer schneller drehenden Welt“, erklärt Marc Leßle.
Die Aktivitäten der beiden, zu denen etwa 2010 die Belebung des geplanten Tanzhauses in Mülheim zählten, firmieren unter dem Namen „raum13°. „Zwischenräume nutzen, um sie in Kunst zu verwandeln“, lautet die Devise.
Gigantische Industriebrache
Die Nutzung des Geländes an der Deutz-Mülheimer Straße 147 – 149 wird ein Ende finden, wenn die Investoren der gigantischen Industriebrache eine Verwendung für das Areal ins Auge fassen. „Ein neuer Stadtteil wird entstehen“, sagt Leßle. Und mit Zukunftsvisionen beschäftigten sich auch die nächste Produktion „Working Class Zero“ (23. Juni 19 und 20 Uhr) des Theater dreizehnterjanuar aus Wien“. Regisseurin Fanny Brunner beschreibt, wie eine Gesellschaft mit dem Verlust der Arbeit von innen heraus zerfällt. Am 28. Juni kommt Benjamin Schad mit „Träume“, einem Skandaltext von Günter Eich, der sich mit dem Deutschen Trauma beschäftigt.
Das Kunstprojekt der beiden lässt sich gut an, auch wenn es hier nicht kuschelig ist, besitzen die Nachbarn doch viel Offenheit für unsere Projekte“, erklärt Anja Kolacek und das gegenüberliegende Hotel New Yorker leistet Hilfe bei der Unterbringung der Theatergäste. Von der Stadt Köln erwartet man vor allem Amtshilfe. „Geld ist nicht alles“, sagt Leßle. Eine Erfahrung des letzten Jahres war für ihn, dass die Verbindungen innerhalb der Stadt besser geknüpft werden könnten“. Vor allem wird es auf diesem Areal jedoch darauf ankommen, „die Wirtschaft wieder in den Kulturbetrieb zu bekommen“, meint er, denn hier liegt ein Stück Zukunft für Köln.
Für die Produktion „Schönheit der Vergänglichkeit“, die im September Premiere hat, suchen die beiden ehemalige Mitarbeiter des einstigen Weltkonzerns der KHD-Werke. Interessierte können sich unter 0221/ 42 32 185 melden.