Montag-Stiftung zieht sich von Projekt im Rechtsrheinischen zurück – OB Reker interveniert vergeblich
Kölner Stadtanzeiger 24.08.2023
Von Paul Gross und Anna Westkämper
Die Stadtspitze ist nach dem Ausstieg der Montag-Stiftung aus dem Projekt „Hallen Halk“ massiv unter Druck geraten. Von „Führungsversagen“ und einem „Desaster“ ist in der Opposition des Stadtrates die Rede. Und auch im Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt ist man keineswegs zufrieden mit dem Stand der Dinge.
Die Montag-Stiftung war der wichtigste Akteur auf dem ehemaligen Industrieareal in Kalk, das zu einem rechtsrheinischen kulturellen Zentrum werden sollte. Die Stiftung war involviert in den Bau und die Entwicklung einer Veedelshalle, eines Kunsthauses, einem Werkstatthof und einem Zentrum für modernen Zirkus. Nun stehen die verbliebenen Engagierten mit leeren Händen vor einer kaum zu lösenden Aufgabe.
Die Stiftung verkündete am Montag überraschend ihren Ausstieg. Dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gegenüber begründete eine Stiftungssprecherin: „Die Entscheidung, sich nicht weiter im Projekt zu engagieren, basiert auf der Bewertung des gesamten bisherigen Prozesses. Ein Projekt dieser Dimension ist nur in einer Partnerschaft mit maximaler Verlässlichkeit und striktem Zeitmanagement möglich. Das sehen wir auf Seiten der Stadt Köln nicht mehr gegeben.“
Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) die Verantwortlichen am Mittwoch um ein klärendes Gespräch gebeten. Doch der Versuch, die Wogen zu glätten, kommt wohl zu spät. Die Stiftungssprecherin sagte: „Eine Rückkehr ist für uns nicht vorstellbar.“
Eine Aussage, die eigentlich keinen Raum für Interpretationen lässt. In den Ratsfraktionen laufen dennoch Bemühungen, die Stiftung irgendwie vom Gegenteil zu überzeugen. „Bei den Hallen Kalk nützt es nichts, nach Schuldigen zu suchen. Es gilt jetzt mit allen Beteiligten ins Gespräch zu kommen und das Scheitern dieses einzigartigen Projektes abzuwenden“, sagte etwa Sabine Pakulat (Grüne): „Der Rückzug der Montag-Stiftung aus dem Projekt ist ein herber Schlag.“
Niklas Kienitz (CDU) klang am Mittwoch weniger hoffnungsvoll und nannte es „mehr als ärgerlich, dass es mit der Montag-Stiftung offenbar zu größeren Unstimmigkeiten gekommen ist. Offenbar hat hier die ämterübergreifende und projektorientierte Arbeit der Verwaltung nicht gut funktioniert. Das muss deutlich besser werden. Ich hoffe, dass die Verwaltung hier noch einmal das Gespräch sucht, um die Stiftung möglicherweise noch umzustimmen.“
In der Opposition fällt die Kritik an der Stadt sowieso gewohnt scharf aus. Michael Frenzel (SPD) sprach von „Zuständigkeits-Türmchen, in denen keiner mehr mit dem anderen spricht. So versandet jegliche Initiative im Wirrwarr. Dafür tragen die Ratsmehrheit und die Oberbürgermeisterin die volle Verantwortung.“ Die Entwicklung sei „durchaus vergleichbar“ mit dem Otto-und-Langen-Quartier in Mülheim.
Wie in Kalk handelt es auch dort um ehemalige Flächen der Firma Klöckner-Humboldt-Deutz, die aufgewertet und zu Kultureinrichtungen umfunktioniert werden sollen. Seit dem Kauf durch die Stadt im Jahr 2021 hat die Verwaltung es den Kulturinitiativen allerdings nicht gestattet, das Gelände zu betreten. Lorenz Deutsch (FDP) sagt: „Was in Kalk passiert, macht mich sehr skeptisch mit Blick auf Projekte wie das Otto-und-Langen-Quartier, bei denen sich eine Struktur überhaupt erst finden muss.“ Er betont: „Es gab in Kalk keine konkreten Probleme wie Kostensteigerungen oder eine Baugenehmigung, die nicht möglich ist, sondern es geht darum, dass die Stadt kein verlässlicher Partner ist. Im Stadtvorstand müssen die Alarmglocken läuten. Was wir hier sehen, ist Führungsversagen und ein zerrüttetes Verhältnis. Ich erwarte, dass jetzt Frau Reker eingreift und auf die Stiftung zugeht.“
Die Linksfraktion sieht das Problem darin, dass die Verwaltung alternative Projekte ohne kurzfristige Gewinnerwartungen nicht hoch genug priorisiert. „Der Ausstieg der Montag-Stiftung ist kein Einzelfall. Immer wieder bremst die Verwaltung Initiativen und Projekte aus, zuletzt zum Beispiel raum13.“ Die Künstlerinitiative raum13 hat konkrete Pläne für das Otto-und-Langen-Quartier, wird mit diesen von einer breiten politischen Mehrheit unterstützt, darf sie aber nicht umsetzen.
Marc Leßle ist Teil der Initiative, ihn überrascht der Ausstieg der Stiftung in Kalk nicht. „Wir sehen hier die Folgen eines vor sich hin geschobenen Problems, die wir auch mit raum13 zu spüren bekommen. Die Stadt hatte jahrzehntelang eine schlichte Liegenschaftspolitik: Kaufen, vernageln, abreißen und verkaufen. Jetzt will man Grundstücke halten und entwickeln, doch dafür fehlt die Struktur in der Verwaltung.“ Man müsse dezernatsübergreifend und in Gruppen an Lösungen arbeiten, doch das passiere nicht. „Es geht hier nicht um das Versagen einzelner Protagonisten, sondern um eine Haltung und Struktur in dieser Stadt.“
Von einer Struktur bei dem Projekt Hallen Kalk, das seit sechs Jahren läuft, ist seit Montag nichts mehr zu erkennen. Die Verantwortungsgemeinschaft Osthof (VGO), die sich ebenfalls auf dem Gelände engagiert, zeigt sich geschockt. „Hier hätte ein Ort von enormer Strahlkraft entstehen können. Ein Ort, der in dieser Qualität und Größenordnung vielleicht nur noch mit dem geplanten Umbau des Haus der Statistik in Berlin vergleichbar ist. Wir sind erschüttert über den Ausstieg der Montag-Stiftung.“
Alarmierend für die Stadt dürften vor allem die folgenden Sätze sein. „Wir können die Gründe voll und ganz nachvollziehen. Hier kommt ein langer Prozess zum Stillstand.“ Wie es nach dem Ausstieg der Montag-Stiftung nun weitergehen wird, weiß die VGO nicht.