Visionen für eine Industrieruine

Otto-und-Langen-Quartier soll zum Wohn- und Kulturareal werden – Doch die Umsetzung dauert

von Paul Gross – KStA vom 4.05.2022

Fast anmutig schlendert Markus Greitemann am Dienstagmittag durch das Otto-und-Langen-Quartier. „Ich möchte, dass man an jeder Stelle spürt, was dort geschaffen wurde“, sagt er über den ehemaligen Industriestandort der Deutz AG, auf dem einst der Otto-Motor entwickelt wurde und der nun zu einem belebten Ort werden soll, an dem gewohnt, gearbeitet und gefeiert wird. Verteilt über das ehemalige KHD-Gelände stehen Solarpanels, die Überwachungskameras mit Strom versorgen.

Heute darf das Gelände von niemandem unbetreut betreten werden, es besteht aus prachtvollen Industrieruinen voller metertiefer Löcher, aus denkmalgeschützten Hallen und Backsteinmauern. Alles sieht hier aus wie Filmkulisse, in Halle 22, einer der größten des Geländes, wirft die Sonne gelbe Flecken auf den kalten Boden, drumherum riesige rostfarbene Metallrohre und Graffiti. Hier verläuft die Hauptwerkstraße, die „unbedingt erhalten“ werden soll, wie Greitemann verspricht.

Ihm schwebt der ganz große Wurf vor: Ein öffentlich gefördertes Wohnviertel mit kostenlosen Kulturangeboten, Bildungseinrichtungen und dem vollen Erhalt des alten Industriecharmes. Idealerweise umgesetzt von einem Investor, der den Teil des Geländes kauft, der aktuell dem Land gehört. Das soll im kommenden Jahr geschehen. Dann allerdings wird es rund zweieinhalb Jahre dauern, einen Bebauungsplan zu erstellen – denn der Umgang mit den vielen denkmalgeschützten Dächern, Wänden und Industriestrukturen muss bis ins letzte Detail definiert werden. Erst dann kann es wirklich losgehen.

Dafür wurde ein langwieriges Verfahren aufgesetzt, in dem eine Jury, in der auch die Stadt sitzt, eine Vorauswahl treffen soll. Nur Bewerber, deren Plan den Anforderungen entspricht, kommen als Käufer infrage. Greitemann hofft, zwei oder drei solcher Investoren zu finden, von denen der Höchstbietende den Zuschlag erhält. Sollten alle Stricke reißen, könnte die Stadt den Landesteil des Geländes per Vorkaufsrecht ja doch noch erwerben. „Ziel ist, dass dieses Gelände jetzt schnellstmöglich in die Entwicklung kommt“, sagt er.

Das Künstlerkollektiv „Raum 13“ würde auch gerne schnellstmöglich zurück auf das Gelände. Im vergangenen Jahr hat es der damalige Besitzer rausgeworfen, nun will die Gruppe da weitermachen, wo sie aufgehört hat: Die erste Gasmotorenfabrik der Welt hatte sich für mehr als elf Jahre in das „Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste“ verwandelt. Verwaltung und Stadtrat unterstützen die Pläne des Kollektivs. Aber es dauert.

Jetzt, wo das Gelände der öffentlichen Hand gehört, gibt es viele rechtliche und sicherheitstechnische Anforderungen, die der Nutzung noch im Weg stehen. Klimadezernent William Wolfgramm, der auch für die Nutzung der städtischen Flächen zuständig ist, sagt, er könne nicht versprechen, dass es in diesem Sommer losgeht. Man sei aber in einem „guten Austausch“, die Erteilung einer Nutzungsvereinbarung stehe bevor. 

Immerhin wird die Kulisse dann wieder bespielt. Bis aus ihr ein neues Stück Köln wird, werden noch viele Jahre vergehen.

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