Die 2012 für den Theaterpreis nominierte Theaterproduktion »Träume « feierte in der Inszenierung von Benjamin Schad im Juni 2012 im Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste Premiere. Jetzt erwartet Sie im Rahmen von Nachhausekommen eine Neuinterpretation als Lesung und Gespräch im Zentrum Zeitgenössische Stadtentwicklung. Freuen Sie sich auf Benjamin Schad – Opernregisseur und Götz- Friedrich Preisträger.
1. Juni – 19:30 Uhr Lesung »Träume«
Eintritt: 16 € / 8 € ermäßigt
Ort: Zentrum Zeitgenössische Stadtentwicklung, Mindenerstr. 4
Um Voranmeldung wird gebeten unter: info@raum13.com
TRÄUME – Alles was geschieht, geht dich an.
Der Autor Günter Eich, heute nur mehr einem kleinen Kreis bekannt, zu Lebzeiten hoch geschätztes Mitglied der Gruppe 47, rüttelt mit seinem Hörspielzyklus Träume am Innersten des deutschen kollektiven Gedächtnisses. Dieses fast verschüttete Stück Literatur, das zur Erstausstrahlung 1953 einen Skandal hervorrief soll einem heutigen Publikum in neuer Form vorgestellt werden.
Träume ist ein Text, der nach einer szenischen Umsetzung verlangt. Der Text verfügt, losgelöst von seiner traumatisierten Entstehungszeit, über eine zeitlose poetische Kraft.
Träume als szenisch-sprachliches Experiment dreht sich in immer beunruhigenderen Kreisen um die Frage der inneren deutschen Heimat. Nach dem Überwinden der großen Traumata tauchen in der Unübersichtlichkeit aktueller globaler Entwicklungen Fragen wieder auf, die keiner zustellen mehr wagen wollte. Die Suche nach Heimat, ein urdeutschen Topos, ist in einer Zeit des zerbröckelnden Europa und der Ablösung der alten westlichen Vormachtstellung in der Welt einer erneuten Wandlung unterworfen.
Die fünf Träume, in der Reihenfolge neu geordnet, werden verbunden durch Eich´s Gedichte und die jeweilige kurze Einleitung zu jedem dieser Alpträume. Ein Musiker begleitet die Szene und den Text in der Premierenfassung. Er mischt sich ein, evoziert Geräusche und wird damit zur nächsten irrationalen Ebene.
Benjamin Schad studierte 2002 bis 2007 Theaterregie in Frankfurt am Main. Anschliessend war er drei Jahre als Regieassistent und Spielleiter an der Kölner Oper engagiert. Für “The turn of the screw” 2011 an de Oper Köln wurde er mit dem renommierten Götz-Friedrich-Preis für die beste Inszenierung der Saison ausgezeichnet. Inszenierungen u.a. an der Oper Frankfurt, Gießen, Wiesbaden, Montepulciano.
Premiere: 28. Juni 2012 | 20 Uhr | raum13 Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste | Nominiert für den Kölner Theaterpreis 2012
Premiere mit: Dominik Breuer, Stefanie Philipps, Anne Sauvageot, Leoni Schulz, Serkan Temel, Inszenierung: Benjamin Schad, Ausstattung: Annett Lausberg, Licht: Marc Leßle, Produktionsleitung: raum13 raum13 im Dialog mit Benjamin Schad
Die Presse schreibt 2012 über die Inszenierung:
“Welche Klarheit die Dialoge von Eich doch enthalten, wie sie Konkretes mit einem Zug zur Abstraktion verbinden. Benjamin Schad bringt dieses Potenzial mit seinen vorzüglich sprechenden Darstellern und seiner puristischen Inszenierung ans Ohr, ins Bewusstsein. Ein Kind wird von seinen Eltern verkauft. Ein Plan, dem es zaghaft zu entgehen sucht. Gespielt wird die Szene von Erwachsenen und auf faszinierenden Weise funktionieren Verfremdung, Realismus und eine Art absurder Komik. Stets sind die Szenen in familiärem Milieu angesiedelt und stets kommt eine Gnadenlosigkeit zum Ausdruck, die in ihrer Schlichtheit zeigt. Es gibt keine Heimat mehr, es existiert kein Ort, an dem man sich aufgehoben fühlen könnte.
Die Inszenierung sucht nicht die vorschnelle Aktualisierung, gerade deshalb steigt die Ahnung auf, dass Europa wieder vor einer Katastrophe stehen könnte, die alle Werte in Frage stellt. Ein starkes Erlebnis, in diesem Industriekorridor zu sitzen und zu erleben, wie jemand eine innere Welt aus Trümmern beschreibt.” (Von Thomas Linden // Kölner Rundschau Kultur // 30. Juni 2012 – 30.06.12)
“STILLE WARNUNG -Inszenierung des Monats : “Träume” von Günter Eich in der Regie von Benjamin Schad überzeugt durch Schlichtheit und Sprachkunst…
Der Opernregisseur Benjamin Schad, der gerade den Regiepreis der Götz-Friedrich-Stiftung für die umjubelte Inszenierung von Benjamin Brittens “The Turning of The Screw” erhielt und auch im Oktober wieder an der Oper Köln inszeniert, arbeitet an diesem Abend ganz ohne Musiker und doch zutiefst musikalisch. Das Reiben der Steine, ein Schleifen der Füße auf dem Boden, Atmen: behutsame Geräusch-Illustrierung begleitet die Sequenzen…. Die stete Bedrohlichkeit unter den Worten entwickelt gerade so eine Wucht, weil die Schauspieler sie nicht nach-illustrieren, sondern die Figuren und Geschehnisse mit minimalen Bewegungen andeuten – und sie dennoch mit bewundernswerter Präsenz füllen….Eich, jener zu Unrecht fast vergessene Dichter, hätte an diesem Abend wohl seine Freude gefunden. Atemlos verfolgt man einen Alptraum nach dem anderen. Die Verfolgten, die auch bei früheren Freunden keine Aufnahme mehr finden. Das Haus der glücklichen Kleinfamilie, das von Termiten zerfressen schließlich in sich zusammenfällt. Die ganze Zeit liegt ein Scharren, hergestellt von Kieseln unter Füßen, über der Szene. Was für ein treffendes Bild für eine Gesellschaft, die sich bequem eingerichtet hat auf der Basis hohler Grundmauern. “Alles, was geschieht, geht dich an” – diese Worte von Eich liegen wie ein Leitmotiv und eine Warnung über diesem stillen, schockierenden, puristischen Abend.” (AKT Theaterzeitung // 09.12. // Dorothea Marcus)