Kölner Presseclub: Immer ist Köln im Krisenmodus und liefert Negativschlagzeilen. Meine Suche nach dem Positiven in unserer Stadt

20.10.2023 von Claudia Hessel

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

in Köln gibt es täglich neue Hiobsbotschaften: von missglückten Verkehrsversuchen, maroden Brücken, über die KVB, die Kirche, die Oper und dazu noch der Dreck und der Lärm mitten in der Nacht. Aber Köln wäre nicht Köln – man hadert mit der Stadt und liebt sie zugleich. Ich habe mich auf die Suche nach dem Positiven gemacht und Kölner Persönlichkeiten aus verschiedenen Bereichen des öffentlichen Lebens, der Wirtschaft und der Kultur gefragt, worin sie Kölns Stärke sehen.

An erster Stelle steht der Klassiker „Herz und Leidenschaft“, den auch Stefan Löcher, Geschäftsführer der Lanxess Arena sofort nennt: „Die Stadt und ihre Einwohner sind so begeisterungsfähig, wie an kaum einem anderen Ort des Landes. Egal, welche Zielgruppen unsere jährlich 200 Events ansprechen, die Kölner sorgen immer für gute Stimmung! Wenn wir dieses Gemeinschaftsgefühl in gemeinsame Zukunftsprojekte einbringen würden, wäre Köln im Vergleich zu anderen Städten noch konkurrenzfähiger!“ Aber Löcher sorgt sich, dass der Sport-Standort Köln nicht mehr lange wettbewerbsfähig bleibt. Düsseldorf habe den wirtschaftlichen und kommunikativen Mehrwert von Sportgroßveranstaltungen erkannt und ein größeres Budget bereitstellt.

In Köln haben wir eine gut aufgestellte Messe. Ihr Chef, Gerald Böse, erzählt mir, dass die Offenheit von Köln der größte Pluspunkt sei: „Wer in Köln zu Gast ist, spürt eine zwischenmenschliche Wärme, wie in keiner anderen Stadt. So spiegeln es mir alle unsere internationalen Messegäste und ich empfinde das genauso. Das Gefühl willkommen zu sein ist eine Stärke von Köln, die es nirgendwo anders gibt.“ 

Über Köln etwas Gutes zu sagen, fällt Konrad Adenauer zunächst schwer. Der Schlendrian ärgert ihn. So fragt er sich, warum die Oberbürgermeisterin ihm noch nicht sagen könne, wo die Unterlagen sind, die die Vorgänge von 1995 zur vertraglichen Verankerung auf ein Vorkaufsrecht für das Technische Rathaus in Deutz erklären könnten. Der Stadtkasse gehen nach dem Ende des Mietvertrages im Jahr 2029 ca. 200 Mio Euro durch die Lappen. Diese Entwicklung in diesem nebulösen Kölner Klüngel- und Bauskandal verdient eine neue Betrachtung, finde nicht nur ich. Ungeachtet dessen lobt der Enkel des ehemaligen gleichnamigen Bundeskanzlers eine typische Eigenschaft: „Bewundernswert ist, wie der Kölner trotz aller Unkenrufe zu Stadt und Fußballclub hält und auch stolz auf beide ist. Der Kölner lässt sich nicht unterkriegen.“

Unterkriegen lässt sich auch nicht der Architekt Kaspar Kraemer. Jahrzehntelang kämpfte er mit anderen für den Neubau der maroden Rheinischen Musikschule und geriet dabei zwischen die Verwaltungs- und Politikmühlen. Nun soll 2025 nach 17 (!) Jahren ehrenamtlichen Engagements endlich ein neues modernes Gebäude den Nutzern übergeben werden. Trotz dieser mühsamen Erfahrungen kann Kaspar Kraemer auch loben: „Das Beste an Köln ist für mich das wunderbare kulturelle Angebot in allen Bereichen der Kunst: Die Schätze seiner Museen, das Angebot an Musik, Theater und Tanz, die Galerien und Buchhandlungen, die baukulturellen Reichtümer! Und das alles unterstützt von einem großen Kreis bürgerschaftlich engagierter Menschen zum Wohle der Stadt.  Die Verbindung von Kultur und bürgerschaftlichem Engagement – das ist das Beste für mich an Köln.“

Neben der Hochkultur ist Köln auch ein Pflaster für die freie Szene – mit vielen Herausforderungen. Wie nicht wenige, hadert auch Anja Kolacek vom Künstlerkollektiv raum 13 oft mit dem kommunalen Kleinklein, in dem es immer wieder Gründe gibt, warum gerade etwas nicht geht oder warum mal wieder etwas Einmaliges zerstört wird. Die Künstlerin misst nämlich der Kölner Geschichte die größte Bedeutung zu. „In Köln pocht das kulturelle und urbane Leben seit mehr als 2000 Jahren! Die ganze Stadt ist als Kunstwerk zu begreifen,“ sagt sie und wählt dafür einen ungewöhnlichen Vergleich: Wenn man dann am Kölner Leben teilhaben kann, ist das so wie zu einer schrulligen Großtante eingeladen zu werden: Man weiß nie, was einen erwartet. Das ist das künstlerisch Spannende an Köln.“

Zweitausend Jahre finden sich nicht nur in Steinen und Chroniken, sondern vor allem in Erzähltem und Geschriebenen, konstatiert Dr. Ulrich Soénius, Direktor der Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv. „Inhaltlich hat die Stadt so viel zu bieten, dass sich heute die Kölner immer gerne etwas von gestern erzählen – um es morgen weiterzuerzählen. Geschichten um die Geschichte sind markenprägend für diese Stadt, und zwar in allen 86 Veedeln. Wenn das Lebensgefühl Köln ausmacht, dann ist auch immer etwas Historisches dabei.“

Auch wenn es bei uns immer wieder zu Reibungen, Verzögerungen und Frust kommt – es gibt auch gute Nachrichten: Köln hat mit mehr als 600.000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigen einen Beschäftigungsrekord. Auch die oft kritisierten Maßnahmen zur Digitalisierung zeigen Erfolge: Köln belegt im diesjährigen Smart City Index des Branchenverbands Bitkom hinter München und Hamburg den dritten Platz. Nicht nur zu Lande sondern auch auf dem Wasser ist Köln top: Die HGK Shipping ist das führende Binnenschifffahrtsunternehmen in Europa. Das sind positive Fakten, allerdings auch wenig emotional. Dagegen schaffen unsere Stärken wie Zusammengehörigkeitsgefühl, Begeisterungsfähigkeit, bürgerschaftliches Engagement – auch das des Karnevals, 2000 Jahre Geschichte und Geschichten –  in Köln Identität.

Wir sollten nicht alles schlecht reden. Ja, vieles könnte besser laufen. Dennoch ist es wichtig, den Blick auf die funktionierenden Dinge nicht zu verlieren, und auf die Bürger, die mit viel Engagement, die Stadt zu dem machen, was sie ist: irgendwie doch toll!  Wir in Köln sind nun mal etwas anders als der Rest der Republik. Wir sind auch die einzige Stadt in Deutschland, deren Abkürzung Kölle länger ist als das Ursprungswort.

Anderes Thema: Seit wenigen Wochen ist der Textil Discounter KiK auf der Schildergasse mit einem Pop-up-Geschäft vertreten. „Pop-up“ ist bedeutungsgleich mit ausprobieren. Der organisierte Handel weiß nicht recht, wie er das bewerten soll. Lieber Kik als Leerstand? Wir freuen uns, dass Kik-Chef Patrick Zahn uns im Kölner Presseclub Rede und Antwort stehen will. In dem Gespräch am Mittwoch, 8. November, im Excelsior Hotel Ernst (19.30 Uhr) geht es um Innenstädte am Beispiel Kölns – unser Gast lebt hier. Und natürlich sprechen wir über den Ruf des Discounters, wie er sein Image aufpoliert, über Sinn und Unsinn von Lieferketten sowie seine Sicht auf die Zukunft des stationären Handels. Kurzum: Wir sind so lokal wie international unterwegs. Ihre verbindliche Anmeldung erbitten wir unter info@koelner-presseclub.de.

Mit herzlichen Grüßen

Ihre

Claudia Hessel

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