24. November 2023 – 19 h // Fitnessstudio Wunderkammer // Demokratie und zeitgenössisches Bauen: Die Antike – Inspiration statt Imitation – Ausstellung und Impuls von Katja Gehrke und Hans-Joachim Gehrke im Zentrum Zeitgenössische Stadtentwicklung

Demokratie und zeitgenössischen Bauen ist eine kleine Ausstellung von Katja und Hans-Joachim Gehrke mit Erläuterungen zum Thema »Die Öffentlichkeit im privaten Raum« – Ein Integrationsvorschlag, basierend auf der antiken, demokratischen Gesellschaft mit ihren soziologischen und architektonischen Bestrebungen zur Wiedererlangung des Gleichgewichts zwischen Individuum und Gemeinschaft und der informellen Beziehungen in der Gegenwart.

Zentrales Thema
Vom griechischen Andron (»Männerraum«) zur »mixed zone« zwischen privater und öffentlicher Nutzung von Wohnraum.

Ziel:
Sozial-integrative und nachhaltige Nutzung von Wohnraum, mit zunächst experimenteller (ephemerer) Umnutzung von ehemaligen Werkhallen.

Bei den alten Griechen war der Andron Teil eines Wohnhauses, in dem regelmäßig Männer zusammenkamen, um als Gast einer Person in einer geselligen Runde zu kommunizieren (in allen möglichen Facetten). Dies geschah nach Verabredung, regulär oder spontan. Beispiele für eine sehr gehobene Kommunikation liefern Dialoge Platons, besonders das Symposion. Die Männer waren in der Regel auch die Personen, die in ihren Gemeinden die öffentlichen Angelegenheiten selbst regelten. Das am besten bekannte Beispiel ist die Demokratie in Athen. Der Andron ist insofern ein privater Raum, in der sich auch ein nicht unwichtiger Teil der öffentlichen Kommunikation vollzog. (Heute modern Hybrid-Raum genannt.)

Im Vergleich zu dem, was heute als demokratisch gilt, hatte diese Demokratie Defizite: große Teile der männlichen Bevölkerung waren von den politischen Rechten ganz oder weitgehend ausgeschlossen (Sklaven, Eingewanderte [Metöken]), Frauen hatten im öffentlichen Rahmen lediglich religiöse Funktionen. Dennoch kann die Verbindung zwischen privatem Raum und öffentlich-sozialer Kommunikation auch heute inspirierend wirken: Die wachsende soziale Vereinzelung verlangt nach Korrektiven. Und gerade in einer Zeit, in der die öffentliche, häufig nur medial vermittelte Kommunikation zu einem erhöhten »Erregungsüberschuss« (Steffen Mau) führt, ist ein unmittelbarer persönlicher Austausch nötiger denn je.

Genau in diesem Sinne hat sich die Ausstellung inspirieren lassen.

Katja Gehrke Adaption: »Ungeachtet der patriarchalen Strukturen der antiken Demokratie, die teilweise auch immer noch nachwirken, aber Teil einer anderen Diskussion sind, habe ich mich allein auf die Raumplanung, die Nutzung der Räume und deren Konstellation untereinander konzentriert. Ich habe die Bezüge Innenraum – Außenraum, privat – öffentlich in den antiken Hofhäusern untersucht. Mich hat der Raum ›Andron‹ als Mischraum bzw. Hybrid-Raum beeindruckt – als ein Bereich, in dem die Öffentlichkeit/die öffentliche Debatte ins Haus, also in Private geführt wurde. Diesen ›Vorgang‹ (nennen wir ihn mal so) habe ich interpretiert/adaptiert und in die heutige Zeit übertragen mit dem Ziel partizipatorisches Wohnen anzuregen. Mit der Idee, sich aktiv an der Gesellschaft zu beteiligen und ihr ›Raum‹ zur Verfügung zu stellen.«

2020 hat Jana Gamp auf einer Veranstaltung (noch) im Deuter Zentralwerk der Schönen Künste in ihrer Masterarbeit zum Otto-&-Langen-Quartier gezeigt, dass wohnen in den ehemaligen Werkhallen stattfinden kann. Man muss sie nur füllen. Und dann füllt man sie mit einem neuen Wohnkonzept, in dem temporär Fläche des Privaten der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird. Vielleicht geht so zeitgenössische partizipatorische Stadtentwicklung.

Im Anschluss an die Ausstellung mit Erläuterungen, werden Künstler:innen, Expert:innen, Ehrenamtler:innen die Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem bisherigen Prozess rund um das Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste einbringen und diskutieren.

Wir freuen uns auf einen spannenden Austausch und auf Ihren Besuch.

Kostenbeitrag: 12 €

Katja Gehrke ist Bühnenbildnerin und Innenarchitektin mit Sitz in Mainz.
Sprache oder Musik bestimmen die Umsetzung von Stücken oder Opern in neue Räume. Ich lasse mich von Stimmungen und Texten beeinflussen und versuche eine räumliche Interpretation zu schaffen, die das Werk und die Inszenierung unterstützen soll. Atmosphären entstehen zu lassen und Beziehungen zu fordern sind im Theater ein stetes Geben und Nehmen. Innenarchitektur bietet mir die Möglichkeit realer zu sein, für “wirkliche” Bedürfnisse zu entwerfen und zu gestalten. Man muss konkreter sein, detaillierter und mit den Materialien sorgsamer umgehen, als im Theater. Ich lasse mich gerne sowohl von soziologischen Einflüssen leiten, vor allem zu Beginn der theoretischen Entwurfsphase, als auch von verschiedenstem Bildmaterial aus den Bereichen der Kunst und der Natur. 

Hans-Joachim Günter Adolf Gehrke ist ein deutscher Althistoriker. Er war von 2008 bis 2011 Präsident des Deutschen Archäologischen Instituts. 

Von 1967 bis 1973 studierte es Geschichte und Klassische Philologie an der Universität Göttingen, wo er 1973 mit einer Untersuchung zu Phokion promoviert wurde. Doktorvater war Alfred Heuß, dessen wissenschaftlicher Assistent Gehrke von 1973 bis 1977 war. Anschließend war er Mitarbeiter von Heuß’ Nachfolger Jochen Bleiken, bis er sich 1982 in Göttingen habilitierte. Gegenstand der 1985 publizierten und sehr einflussreichen Arbeit war das Phänomen der Stasis im klassischen Griechenland, die Gehrke primär als Ausdruck von Elitenrivalitäten interpretierte.

Von 1982 bis 1984 lehrte Gehrke als außerordentlicher Professor für Alte Geschichte an der Universität Würzburg, von 1984 bis 1987 dann als ordentlicher Professor an der Freien Universität Berlin. Von 1987 bis 2008 hatte Gehrke den Lehrstuhl für Alte Geschichte an der Universität Freiburg inne. Am 11. Juli 2007 wurde Hans-Joachim Gehrke zum Präsidenten des Deutschen Archäologischen Instituts gewählt; er folgte in dieser Funktion am 1. März 2008 Hermann Parziger nach. Im gleichen Jahr wurde er zum Honorarprofessor für die Fächer Alte Geschichte und Klassische Philologie an der Freien Universität Berlin ernannt. 2011 trat er in den Ruhestand; seine Nachfolgerin am DAI ist seit dem 1. April 2011Friederike Fless. 

Seit 2011 ist Gehrke Direktor für Außenbeziehungen am University College Freiburg (UCF), einer Einrichtung der Universität Freiburg.[1] Hans-Joachim Gehrke ist korrespondierendes Mitglied der Akademie gemeinütiger Wissenschaften zu Erfurt und ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. 2009 wurde er zum Mitglied der Academia Europaea gewählt.[2] Seit 2010 ist er zudem Mitglied der Leopoldina.[3] Von 1999 bis 2005 war er Mitglied im Senat, im Kuratorium und im Hauptausschuss der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Gehrke ist auch bei der Gerda Henkel Stiftung aktiv, ursprünglich als Mitglied und Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates der Stiftung, seit 2005 als Kuratoriumsmitglied. 2010 wurde Gehrke das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. 2012 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln verliehen.[4] 2017 erhielt er den Ausonius-Preis der Universität Trier.

Gehrkes Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte der griechischen Antike, die Historische Landeskunde des zentralen und östlichen Mittelmeergebietes, die sozialen Konflikte und die soziale Integration, die interkulturellen Beziehungen sowie Geschichtsvorstellungen und kollektive Identitäten.

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