Der Eigentümer des denkmalgeschützten KHD Gebäudes lässt Richter und OB abblitzen
KStA 5.12.2020
VON HELMUT FRANGENBERG
An einer friedlichen Einigung beim Gütetermin war er nicht interessiert. Die Kunstinitiative „Raum 13“, mit der er über zehn Jahre gut in beiderseitigem Interesse zusammengearbeitet hat, soll das denkmalgeschützte Gebäude verlassen.Im Laufe der Woche war bereits Oberbürgermeisterin Henriette Reker bei ihm abgeblitzt, die ihn in einem persönlichen Gespräch zum Einlenken bringen wollte. Das Fazit der OB fiel gleichermaßen knapp wie frustriert aus: Der Sachverhalt sei ausführlich erörtert worden. „Im Ergebnis hat die Stadt die Haltung und das weitere Vorgehen des Eigentümers zu akzeptieren.“
Eggerbauer erklärt sich nicht öffentlich, auch zum Gerichtstermin erschien er nicht selbst. Die Debatten um die Zukunft des geschichtsträchtigen Otto-und-Langen-Quartiers in Mülheim und seine Entwicklung zu einer „Mustersiedlung für die Stadt der Zukunft“, wie Architekt Paul Böhm das Projekt nennt, beeindrucken ihn offensichtlich nicht.
Ein einstimmiger Ratsbeschluss, das parteiübergreifende Bekenntnis, dass die Künstlerinitiative als Motor für die Quartierentwicklung bleiben soll, das große öffentliche Interesse an dem Projekt, die Ansage der Stadt, das Areal selbst beziehungsweise über ihre Tochter „Moderne Stadt“ kaufen zu wollen – das alles sei aus seiner Sicht unerheblich, wie er seine Rechtsanwältin Martina Krings ausführen ließ. Ihr Mandant habe einen „einfachen Wunsch“. Er wolle sein Eigentum verkaufen. Und deshalb sollen die „Gewerbemieter“ ausziehen.
Anwältin hält dagegen
Formal hat Eggerbauer nichts falsch gemacht. Und so überraschte es nicht, als Richter Marcel Reichenbach die „Tendenz, der Klage stattzugeben“ zu erkennen gab. Die abschließende Entscheidung will er am 20. Januar bekanntgeben. Die Anwältin der Künstler, Monika Flocke, versucht mit zwei Argumentationslinien dagegen zu halten: Davon ausgehend, dass es die Stadt mit ihren Kaufabsichten ernst meint und längst Verhandlungen mit Eggerbauer laufen, sei es widersinnig, Mieter zu räumen, wenn sie dann wenig später wieder einziehen können. Juristen nennen das die „Ausnutzung einer formalen Rechtsposition“, die dem klagenden Vermieter faktisch keinen Vorteil bringt, der Gegenseite aber erhebliche Nachteile. Das Problem: Eggerbauer bestreitet die konkreten Verhandlungen mit der Stadt und bezweifelt, dass sie am Ende wirklich der Käufer sein wird. Das würde bedeuten, dass keineswegs sicher ist, dass die Künstler wieder einziehen könnten.
Noch spannender ist der zweite Argumentationsstrang der Beklagten: Die grundgesetzliche Festlegung, dass mit Eigentum eine soziale Verpflichtung verbunden ist, müsse hier konkrete Folgen zugunsten der Künstler haben. Es gehe nicht nur um „eine künstlerische Tätigkeit“ eines Mieters, so Anwältin Monika Flocke, sondern um die zukunftsweisende Entwicklung eines ganzen Quartiers, bei der Neues ausprobiert werden soll, das vorbildlich für die Stadtentwicklung sein soll. Es gehe um eine Güterabwägung: Die Quartiersentwicklung sei höherrangig zu bewerten als die Interessen des Hauseigentümers. Dass dieser Gedanke bei zivilrechtlichen Auseinandersetzungen bislang keine Rolle gespielt habe, müsse nicht heißen, dass das so bleibe. Bei den Visionen für das Otto-und-Langen-Quartier gehe es schließlich um etwas ganz Neues, so Flocke. „Die Gesellschaft verändert sich, Bauprojekte werden heute anders wahrgenommen als vor zehn, fünfzehn Jahren.“