SCHÖNHEIT DER VERGÄNGLICHKEIT#2 – KriegsBlicke

Akt Theaterzeitung-Christoph Ohrem // …ein intensiver, sehr sehenswerter Abend… – 01.09.13

“Schönheit der Vergänglichkeit #2_KriegsBlicke” im Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste ist ein intensiver, sehr sehenswerter Abend, der Leid und Wirren des Krieges direkt, teilweise überdeutlich aufzeigt. Nominiert für den Kölner Theaterpreis 2013 und den Kurt-Hackenberg-Preis für politisches Theater.

Der Erste Weltkrieg ist nicht plötzlich, wie ein Erdbeben, über die Menschheit hereingebrochen. Er hat sich vor 1914 angekündigt und wurde von vielen, etwa Ernst Jünger, zunächst als reinigendes Gewitter verherrlicht, in dem sich die überschüssigen Energien der Zeit entladen konnten. Es kam anders. Der Zweite Teil der Trilogie “Schönheit der Vergänglichkeit” heißt “KriegsBlicke” und untersucht im Theaterraum von raum13 die Vorkriegszeit auf Zeitgeist und Weltbilder, der Bogen spannt sich bis in die Gegenwart hinein.

Die Industrieruine der Fertigungshalle der KHD unterstützt mit ihrer Aura die Erkundung von Industrialisierung und Krieg, Macht und Ohnmacht, Leid und Ängsten. Schon das Anfangsbild nimmt gefangen. Nikolaus Benda, Anne Düe und Florian Lenz zertrümmern mit dem Vorschlaghammer Steine, bearbeiten mit einer Flex funkensprühend Metall. Die fabrikmäßige Produktion der Kriegsmaschinerie wird plastisch vorgeführt, der zerstörerische Aspekt der Industrialisierung, von der auch die gewaltige Halle zeugt, leitet die Aufführung spektakulär ein. Gesprochene Szenen wechseln sich mit performancehaften und choreografierten Passagen ab. Die Geschichte eines Frontsoldaten, der mit letzter Not einem Granatenangriff entflieht, trifft auf die Aussagen eines deutschen Soldaten im Afghanistaneinsatz, der “schließlich dort ist, um zu schießen”. 

Parallel dazu inszeniert Anja Kolaczek Sequenzen, die sich der direkten historischen Bestimmung entziehen. Sie schafft konkrete und wuchtige Bilder etwa von einer demagogischen Rede, in der Gestus wichtiger ist als das gesprochene Wort. Die Parolen verkommen zu unartikulierten Lauten. Die Führerfigur steht vor dem Mikrofon, die Zuhörer applaudieren auf Kommando – fast schon slapstickartig. Die Kritik am Kriegsgeschehen wird energiegeladen und körperbetont, ohne subtiles Spiel inszeniert und wirkt daher in seiner Intention überdeutlich.

Ja, Krieg ist furchtbar und das bekommt man hier hochästhetisiert vorgeführt. Das bestärkt einen in einem Gemeinplatz, hinterfragt aber die eigene Positi-on kaum, da der Abend wenig Platz für eigene Interpretationen lässt. Die absolut überzeugende Leistung der Schauspieler und der großartige Soundtrack, den FM Einheit zu dem Abend beisteuert, führen dennoch zu einem intensiven Theatererlebnis. Als Schlussbild öffnet Benda das Tor und ermöglicht den Blick auf die dahinterliegende große verfallene Halle. Quasi als Ausblick auf kommende Zerstörung. Dort zünden die drei Schauspieler dann Feuerwerkskörper. Das Kinderspielzeug wird zum Zeichen für das zerstörerische und brutale Kriegsspiel der Erwachsenen. Wir können gehen und uns fürchten vor dem nächsten Krieg.

CHRISTOPH OHREM   September 2013

Newsletter abonnieren

Dies schließt sich in 0Sekunden